Der Emscher-Umbau in Oberhausen. Foto: Rupert Oberhäuser/EGLV

Der Emscher-Umbau

Ein Generationenprojekt

Technische Daten

Der Umbau des Emscher-Systems umfasst den gesamten Hauptlauf der Emscher sowie ihre Nebenläufe. Welche technischen Leistungen dabei erbracht werden, zeigt die folgende Aufstellung:

Abwasserkanal Emscher

Länge des Kanals 51 km
Gesamtlänge 73,4 km Rohrstrecke
davon Rohrvortriebsverfahren 51,3 km
davon Tübbingvortrieb 2x > 10 km
Querschnitte 1.600 bis 2.800 mm
Gefälle 1,5 ‰
Schachtbauwerke 113
Tiefe der Schachtbauwerke 10 m bis 40 m
Durchmesser der Schächte 6 m bis 23 m
Erdaushub 1.300.000 Kubikmeter
Schlitzwand 55.000 Quadratmeter
Bohrpfahlwand 94.000 Quadratmeter
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865 km²

Einzugsgebiet der Emscher mit Nebenläufen
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85 km

Länge der Emscher
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120 m

Höhendifferenz von der Quelle bis zur Mündung

Kooperationen

Gemeinsame Projekte in der Region und Europa

Der Umbau des Emscher-Systems wirkt sich auf die Entwicklung der gesamten Region aus. Am Umbau und vor allem an der noch wesentlich weiter angelegten Verwirklichung des Neuen Emscher-Tals sind vielfältige Planungspartner, Wirtschaftsunternehmen und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger der Region beteiligt. Ein so komplexes und langfristiges Vorhaben ist ohne enge Kooperationen zwischen den Akteuren nicht denkbar. Sie helfen, Kräfte zu bündeln und durch Abstimmung der jeweiligen Aufgaben einen Mehrwert zu generieren.

Stadt und Wasser

Im Projekt „Urban Water“ arbeiten wir als geschäftsführender Partner mit französischen, schottischen und niederländischen Organisationen zusammen. Ziel ist die Integration der Wasserwirtschaft in die Stadtentwicklung, beispielsweise durch Maßnahmen, die Wasser zur gestalterischen Aufwertung nutzen und gleichzeitig die Gefahren durch Hochwasserereignisse minimieren oder die Wasserqualität verbessern. Aufgrund der hohen Bedeutung des Emscher-Umbaus für das Land NRW wird dies Projekt von der Landesregierung unterstützt.

Arbeitsgemeinschaft Neues Emschertal

Im März 2006 haben wir mit dem Regionalverband Ruhr eine Kooperation zur Entwicklung des Neuen Emscher-Tals gegründet. Eine wichtige Arbeitsgrundlage dafür bildet die gemeinsame Schnittmenge der Masterpläne „Emscher Landschaftspark 2010“ und Masterplan „Emscher-Zukunft“. Gemeinsam mit dem Regionalverband Ruhr werden wir nun kommunenübergreifende Projekte in der Region bearbeiten. Hierzu zählen neben der Entwicklung der Emscher-Insel die Begleitung eines Forschungsvorhabens zum Parkpflegemanagement sowie die gemeinsame Kommunikation der Aktivitäten im Neuen Emscher-Tal.

Soziale Stadt NRW

„Soziale Stadt NRW“ steht für Solidarität in der Stadt und mit den Städten. Die Initiative wurde 1993 von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen, um in den benachteiligten Stadtquartieren der Region eine stabilisierende Entwicklung in Gang zu bringen. Am 09.10.2006 haben wir als Träger des Emscher-Umbaus eine Kooperationsvereinbarung mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr als federführendem Ressort der Landesregierung abgeschlossen, um gemeinsame Projekte zu entwickeln und umzusetzen.

Unterstützung

finanziell und themenbezogen

Der Emscher-Umbau ist nicht nur für die Region von großer Bedeutung. Sowohl die Dimensionen des Projekts als auch seine vielschichtige Verknüpfung mit der Wirtschaft, der sozialen und kulturellen Entwicklung und der ökologischen Umgestaltung eines gesamten urbanen Ballungsraums machen den Emscher-Umbau zu einem Modellprojekt für ähnliche Herausforderungen in Deutschland, Europa und darüber hinaus. Entsprechend groß ist die finanzielle und inhaltliche Unterstützung auf nationaler und internationaler Ebene.

Allen voran – Das Land NRW

Der wasserwirtschaftliche Umbau der Emscher ist ein fester Bestandteil der Landespolitik. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens befürwortet den Emscher-Umbau ausdrücklich und unterstützt ihn mit erheblichen Summen. Sie weist das Projekt in ihrem Koalitionsvertrag vom 16.06.2005 sowie ihrer Regierungserklärung vom 13.07.2005 als wichtigen Meilenstein für den gelungenen Strukturwandel der Region aus und sichert der Emschergenossenschaft sowie den beteiligten Partnern ihre Unterstützung zu. Die Landesförderung für den Emscher-Umbau beträgt bislang rund 18 Prozent.

Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit – Die Europäische Union

Die EU unterstützt mit dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) Projekte auf unterschiedlichen Ebenen. Im Rahmen von Interreg werden aus dem EFRE Projektpartnerschaften mit Akteuren mehrerer Mitgliedstaaten unterstützt. Wir kooperieren seit über 20 Jahren in vielen Themenfeldern insbesondere in Nordwesteuropa (Interreg B NWE) mit Institutionen, die ähnliche Herausforderungen zu bewältigen haben – sei es durch ihre Verantwortung in Ballungsräumen oder bei interdisziplinär angelegten wasserwirtschaftlichen Fragestellungen.

INTERREG V

EU-Fonds für länderübergreifende Lösungen

Der Fond dient der länderübergreifenden Kooperation und Projektförderung.

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Abwasserkanal Emscher

Hauptschlagader des neuen Entwässerungssystems ist der Abwasserkanal Emscher zwischen der Kläranlage Dortmund-Deusen und dem Klärwerk Emscher-Mündung im Städtedreieck Dinslaken-Oberhausen-Duisburg. Auf einer Länge von 51 Kilometern nimmt er die Abwässer von rund 2,26 Millionen Einwohnern und umfangreiche Abwassermengen von Industrie und Gewerbe auf und leitet sie der Kläranlage Bottrop und dem Klärwerk Emscher-Mündung zu. Die Abwässer werden dem Hauptkanal über unterirdische Kanäle zugeführt, die zeitgleich parallel zu den Nebenläufen der Emscher entstanden sind.

Baugrube für das neue AKE-Pumpwerk in Oberhausen. Foto: Rupert Oberhäuser/EGLV

Für den Abwasserkanal Emscher hat man eine Trasse gewählt, die sich an dem alten Entwässerungssystem und damit am heutigen Verlauf des Flusses Emscher orientiert. Ähnlich wie bei oberirdischen Verkehrswegen war auch hier im Detail zu planen. Hindernisse, Altlasten oder Tabuflächen – beispielsweise bebaute Flächen, geologisch kritische Räume oder der Rhein-Herne-Kanal – mussten identifiziert und bei der Trassenfestlegung umgangen werden. Am Startschacht in Dortmund hat der Kanal eine Tiefenlage von ca. acht Metern unter der Geländeoberkante. Dann bohrt er sich bei einem stetigen Gefälle von 1,50 Metern je Kilometer bis zu 40 Meter tief in die Erde. Es war unumgänglich, Pumpwerke zwischenzuschalten, die das Abwasser wieder aufwärts befördern. Ohne sie hätte der Kanal bei Dinslaken eine Tiefe von 75 Metern erreicht!

Das Projekt Abwasserkanal Emscher

Hohe Technik, tief unten

Die extreme Tiefenlage des Abwasserkanals Emscher ist technisch anspruchsvoll, birgt aber viele Vorteile. So können beispielsweise Anlagen wie Straßen und Bahnlinien oder der Rhein-Herne-Kanal und seine Schleusen unterfahren werden, die Vortriebsarbeiten finden darüber hinaus in homogenem Baugrund statt. Zudem erlaubt die Tiefenlage es, die Seitenkanäle aus den seitlichen Nebeneinzugsgebieten der Emscher in freiem Gefälle anzuschließen.

Ingenieurskunst für 100 Jahre und länger

Der Abwasserkanal Emscher wurde als Stahlbetonkanal konzipiert. Die künftigen Abwässer beanspruchen den Kanal in hohem Maße, so dass für Materialfragen, Fragen des Korrosionsschutzes, der Be- und Entlüftung und auch des Arbeitsschutzes bereits in der Planungsphase eindeutige Antworten gefunden werden mussten. Für den Abwasserkanal Emscher legte man eine Mindestnutzungsdauer von 100 Jahren fest.

Für die System- und Betriebssicherheit des als Einrohrkanal angelegten Abwasserkanals Emscher hat die Emschergenossenschaft eine besondere Lösung erarbeitet. Im Fall des Ausfalles eines Kanalabschnittes wird das Abwasser mit Hilfe von Pumpen und von provisorisch verlegten Druckrohrleitungen weitergeleitet. Die Grenzen dieser Lösung sind 3 m³/s Förderstrom und 25 Meter Tiefenlage. Wo diese Grenzen überschritten werden müssen, wurde der Abwasserkanal Emscher als Zweirohrkanal errichtet.

Schachtbauwerke und die Baugrubenherstellung

Gute Vorbereitung ist wichtig

Die Schachtbauwerke sind elementar für die Erstellung und den Betrieb des Abwasserkanal Emscher. Sie dienen in der Bauphase als Start- und Zielorte für die Rohrvortriebsarbeiten. In der Betriebsphase sind sie für den Anschluss der seitlichen Einleitungen des Abwasserkanals Emscher erforderlich und werden als Einstieg für Inspektions- und Wartungsarbeiten genutzt.

Schachtbauwerke – 40 Meter abwärts

Auch die Auswahl geeigneter Schachtstandorte beeinflusste die Trassierung des Abwasserkanals Emscher. Die Schachtbauwerke dienen in der Bauphase als Start- und Zielorte für die Rohrvortriebsarbeiten. Sie sind zudem für den Anschluss der seitlichen Einleitungen beim Betrieb des Abwasserkanals Emscher erforderlich. Aus geotechnischen und statischen Gründen entschied man sich für kreisrunde Schachtbaugruben und -bauwerke. Die Abstände der Schächte wurden in der Entwurfs- und Genehmigungsphase bis 2006 auf maximal 600 Meter festgelegt. Bei einer späteren technischen Untersuchung zeigte es sich, dass auch Abstände von bis zu 1.200 Metern möglich sind. Möglich wurde dies durch die Weiterentwicklung des Kanal-Inspektionssystems, nach dem sich die Abstände richten.

Insgesamt werden für das Projekt Abwasserkanal Emscher 113 Schachtbauwerke errichtet. Sie haben einen Durchmesser von 6 bis 23 Metern und eine Tiefenlage von 10 bis 40 Meter.

Konstruktion gegen Auftrieb

Nach Abschluss der Vortriebsarbeiten werden die Baugrubenwände mit einer Innenschale aus Konstruktionsbeton verkleidet. Beim Einbau der Innenwände wird entweder an der Schachtsohle oder am Schachtkopf durch einen Kopfbalken eine tragfähige Verbindung zwischen dem Verbau (Bohrpfahlwand oder Schlitzwand) und dem eigentlichen Bauwerk geschaffen.

Der Grund für diese Konstruktion: Durch Aktivieren des Eigengewichtes des Verbaus sind die Schächte zusätzlich gegen Auftrieb bei hohen Grundwasserständen gesichert. Eine Wasserhaltung außerhalb des Schachtes, also eine Einrichtung, die in der Bauwerksumgebung zu einer Grundwasserabsenkung führt, muss daher weder während der Bauphase noch danach betrieben werden.

In der Betriebsphase werden die Schachtbauwerke auch als Einstieg für Inspektions- und Wartungsarbeiten genutzt. In der Regel gelangt das Wartungspersonal über mobile Transportsysteme in die Bauwerke.

Entspannungsbrunnen leiten Wasserdruck ab

Durch die druckwasserdichten Verbau- und Sohlenkonstruktionen werden aufwendige und die Umgebung beeinflussende Grundwasserabsenkungen vermieden. Nur eine Restwasserhaltung innerhalb der Schachtbaugruben muss vorgenommen werden. Während der Aushubarbeiten sorgen Entspannungsbrunnen innerhalb des Verbaues dafür, dass es trocken bleibt und die Aushubsohle nicht aufbricht. Hat man die Aushubsohle erreicht, so wird eine Kiesschicht eingebaut, über die der Wasserdruck zwei bis drei Entspannungsbrunnen zugeleitet wird. Danach wird die Bauwerkssohle betoniert und die Entspannungsbrunnen werden auf die hydrostatisch erforderliche Höhe oberhalb der Sohle geführt.

Der Baugrubenverbau wird so tief in die weitgehend dichte Gesteinsschicht des Mergels eingebracht – in der Regel drei Meter –, dass das seitliche Zuströmen von Grundwasser in den Raum unterhalb der Baugrubensohle nahezu verhindert wird.

Baugrubenherstellung

Wasserdichte Konstruktionen

Die Baugruben für die Bauwerke müssen in Abhängigkeit von der örtlichen Geologie und den Grundwasserverhältnissen geplant werden. Beim Bau des Abwasserkanals Emscher werden Verbaue mit überschnittenen Bohrpfahlwänden oder bei großen Tiefen mit Schlitzwänden errichtet, die als wasserdichte Konstruktionen ausgeführt werden, damit die Baugrube trocken bleibt.

Liegen extreme Tiefen vor, wie bei den Pumpwerksbaugruben in Gelsenkirchen, Bottrop und Oberhausen, so können die Schlitzwände auch durch gestaffelte Bohrpfahlwände ersetzt werden. Die Durchmesser der Bohrpfähle liegen zwischen 80 und 180 Zentimeter, die Wandstärken der Schlitzwände betragen 80 bis 120, am Pumpwerk Oberhausen bis zu 200 Zentimeter.

Nach der Herstellung der Baugrubenverbaue wird die Baugrube ausgehoben. Das Lösen der Erdmassen erfolgt über Hydraulikbagger, ihre Förderung erfolgt mittels Schüttmulden und Kran, Seilbagger oder Teleskopbagger.

Rohrvortriebsarbeiten

Dynamik im Untergrund

Die Emschergenossenschaft nutzt zwei Verfahren bei der Erstellung des Abwasserkanal Emscher. Beim Rohrvortriebsverfahren bohrt sich die Vortriebsmaschine vom Startschacht bis zum Zielschacht und schafft dabei Platz für die Kanalrohre, die hinter ihr mit Hilfe hydraulischer Pressen vorgetrieben werden. Beim sogenannten Tübbingverfahren werden Stahlbetonsegmente, Fertigteile, unmittelbar nach dem unterirdischen Bohrvorgang zu einem Ring zusammengesetzt werden. Eine Vielzahl dieser Ringe bildet dann ein Abwasserrohr.

Rohrvortrieb – Pressen bis zum Zielschacht

Beim Rohrvortriebsverfahren bohrt sich die Vortriebsmaschine vom Startschacht aus vorwärts, sie schafft Platz für die Kanalrohre, die hinter ihr mit Hilfe hydraulischer Pressen in Richtung auf den Zielschacht vorgetrieben werden. Haben die Vorpresszylinder ihre Endstellung erreicht, so werden sie in ihre Ausgangsposition zurückgezogen, das nächste Rohr wird in den Startschacht hinuntergelassen, eingebaut und vorgepresst. Das abgebaute Bodenmaterial wird zum Startschacht transportiert, nach oben befördert und mit LKWs entsorgt.

Hat die Vortriebsmaschine dann den Zielschacht erreicht, wird sie geborgen und zum nächsten Startschacht transportiert. Die Entfernung vom Start- zum Zielschacht kann abhängig von Nennweite der Rohre, Geologie, Rohrmaterial und Anzahl der Dehnerstationen bis zu 1.200 Meter betragen. Die tägliche Vortriebsleistung beim Bau des Abwasserkanals Emscher lag bei etwa fünfzehn bis fünfundzwanzig Metern.

Gleichgewicht der Kräfte durch Stützdruck

Während des Vortriebs wird an der Ortsbrust, d. h. am Erdreich im Bereich des Schneidrades, ein stabilisierender Stützdruck aufgebaut. Er wirkt dem Erd- und Grundwasserdruck entgegen und verhindert ein unkontrolliertes Eindringen des Bodens in die Vortriebsmaschine. Beim Bau des Abwasserkanals Emscher werden überwiegend geschlossene Schildmaschinen mit Flüssigkeitsstützung eingesetzt. Als Schild wird der äußere Stahlmantel der Vortriebsmaschine bezeichnet, der diese vor Wasser und Erde schützt. Die Stützflüssigkeit ist eine Bentonit-Suspension (Gemisch aus quellfähigen Tonmineralien und Wasser), sie dringt in die oberflächennahen Poren der Ortsbrust ein und bildet hier eine stabilisierende Masse.

Zentimetergenaue Verlegung der Rohre

Ein Navigationssystem, das aus Kreiselkompass und elektronischer Schlauchwaage besteht, stellt die Richtungsstabilität des unterirdischen Vortriebs sicher. Permanent erfolgen umfangreiche Kontrollvermessungen, die die zentimetergenaue Lage des Abwasserkanals gewährleisten. Beim Vorpress-Vorgang werden auch die Vortriebsrohre online überwacht, um Überbelastungen durch den Druck der Vortriebspressen rechtzeitig zu erkennen und durch geeignete Gegenmaßnahmen Folgeschäden an den Rohren auszuschließen.

Tübbingvortrieb

Stück für Stück

Auch das sogenannte Tübbingverfahren zum unterirdischen Herstellen von Tunnelquerschnitten kommt beim Bau des Abwasserkanals Emscher zum Einsatz. Mit dieser Technik arbeitet man im Bereich des Zweirohrkanals (DN 2.600) von der Mündung der Berne in Bottrop bis zum geplanten Pumpwerk Oberhausen.

Tübbings sind Stahlbetonsegmente, Fertigteile, die unmittelbar nach dem unterirdischen Bohrvorgang im Schutze eines Stahlrohres, dem so genannten Schildmantel, zu einem Ring zusammengesetzt werden. Eine Vielzahl dieser Ringe bildet dann ein Abwasserrohr. Ein Kranarm, der über eine Fernbedienung gesteuert wird, nimmt die Tübbingsegmente mechanisch oder per Vakuum auf, versetzt sie und fügt sie zum Kreisprofil zusammen. In den Raum zwischen den Tübbingringen und dem Baugrund wird dabei kontinuierlich Mörtel gepresst, um die Tunnelröhre stabil im Untergrund zu betten. Nach dem Bau eines kompletten Tübbingringes wird die Vortriebsmaschine mittels hydraulischer Vortriebspressen weiter vorgetrieben, wobei sie sich am zuletzt gefertigten Tübbingring abstützt und Raum für den nächsten Tübbingring schafft.

Enge Kurven sind möglich

Beim Tübbingvortrieb wird demnach nicht der gesamte bereits verlegte Rohrstrang mit hohem Kraftaufwand durch den Untergrund vorgepresst, sondern nur noch die Vortriebsmaschine, ausgehend vom zuletzt verlegten Ring. Mit dem Tübbingverfahren können im Vergleich zum Rohrvortriebsverfahren auch deutlich größere Strecken aufgefahren werden. Außerdem lassen sich mit dieser Methode engere Kurvenradien beschreiben. Die Tübbingringe sind einschalig und wasserdicht konzipiert. Diese Art des Tunnelausbaus erfordert Stahlbetonfertigteile von hoher Maßgenauigkeit.

Hochliegende Kanäle

Eckige Kastenprofile sparen Platz

Beim Bau des finalen Abschnitts des Abwasserkanals Emscher (AKE) in Oberhausen gab es eine Besonderheit: Hier wurden eckige Kastenprofile verlegt. Wieso rechteckige Rohre? Ganz einfach: aus Platzgründen! Ein Kastenprofil nimmt weniger Platz ein als zwei runde Kanalrohre, die einen bestimmten Mindestabstand zueinander einhalten müssen.

Und da auf der Strecke zwischen dem Pumpwerk Oberhausen und dem Klärwerk Emscher-Mündung in Dinslaken der Platz fehlte, haben wir uns für das Kastenprofil entschieden. In diesem Abschnitt sind noch weitere Dinge anders: Der Kanal wurde hier nicht unterirdisch vorgetrieben, sondern in offener Bauweise verlegt – da er nur unmittelbar unter der Erdoberfläche liegt, lohnte sich hier kein unterirdischer Vortrieb. Zum Vergleich: Der weiter östlich liegende Teil des AKE lag in Tiefen bis zu 40 Metern. Ebenfalls anders ist darüber hinaus die Fortbewegungsrichtung, denn der „hochliegende“ AKE wurde entgegen der späteren Fließrichtung verlegt. Für die Trasse des neuen Kanals mussten wir vorab rund 190.000 Tonnen Boden ausheben.

Holtener Bruch

Umbau vereint drei Projekte

Im westlichsten Teil des Hauptlaufes der Emscher wurde im August 2021 eine große Baumaßnahme abgeschlossen, die gleich drei Dinge miteinander vereint: Den letzten Teil des Abwasserkanals Emscher (AKE), das neue Pumpwerk Oberhausen und den ökologischen Schwerpunkt der  Aue im Holtener Bruch. Die Emscher erhält hier auf einer Fläche von rund 30 Hektar Raum, der gleichermaßen dem Hochwasserschutz und der ökologischen Entwicklung des neuen Flusses dient.

Für das Pumpwerk und das letzte Teilstück des Abwasserkanals Emscher hat die Emschergenossenschaft im Januar 2016 den Planänderungsbescheid erhalten. „Planänderungsbescheid“ deswegen, weil bereits im Jahr 2008 ein erster Planfeststellungsbeschluss erging. Doch die Emschergenossenschaft hat aufgrund technischer Innovationen seinerzeit ihre Planungen noch einmal optimiert und eine Planänderung beantragt.

Der Bauabschnitt umfasste neben dem Pumpwerk Oberhausen und dem Abwasserkanal Emscher auch den Bau des neuen Pumpwerks Oberhausen-Handbach. Das Pumpwerk Oberhausen sowie das Pumpwerk Oberhausen-Handbach am AKE befinden sich im Stadtgebiet von Oberhausen direkt an der Kurfürstenstraße.

Die Emscher am Holtener Bruch in Oberhausen. Foto: Rupert Oberhäuser/EGLV

Die Emscher-Mündung

Rund 80 Kilometer legt die Emscher von ihrer Quelle in Holzwickede zurück bis sie in Dinslaken in den Rhein mündet. Noch stürzt die Emscher über ein rund sechs Meter hohes Absturzwerk in den Rhein – eine ökologische Barriere zwischen Emscher und Rhein, die Fische und andere Lebewesen nicht passieren können.

2014 hat hier der Neubau eines neuen, naturnahen Mündungsbereiches begonnen. Die Mündung der Emscher wird um 700 Meter in Richtung Voerde verlegt. Zukünftig wird sich hier eine Auenfläche von über 20 Hektar erstrecken. Aufgrund der Lage im unmittelbaren Einflussbereich des Rheines ist die Bauzeit stark abhängig von den auftretenden Abfluss- und Grundwasserverhältnissen des Rheins.  Bis Ende 2022 wurden die folgenden Maßnahmen umgesetzt: Öffnung des Rheindeiches, Umlegung der Emscher in das neue Auenfeld, Verfüllung des alten Emscher-Laufes und Aufweitung der Emscher zwischen der Bahntrasse und der Brücke Hagelstraße.

Die neue Mündungsaue soll sich eigendynamisch entwickeln und wird wassergefüllte Mulden, feuchtes Grünland und sich verändernde Flussarme ausbilden. Es entsteht gleichzeitig neuer Retentionsraum für den Rhein, der bei Rhein-Hochwasser überflutet wird. So werden hier in einigen Jahren eine natürliche Auen­landschaft und Rad- und Wanderwege Besucher*innen dazu anregen, den neuen Ausflugs- und Erholungsraum zu erleben.

Hof Emschermündung

Die ehemalige Hofanlage von 1911 wurde 2013 renoviert und umgebaut.

Er ist informative Anlaufstelle für den Umbau und bietet verschiedene Angebote für Groß und Klein.

Unsere Emscher-Höfe

Phoenix aus der Asche

Ein See für Dortmund

160 Jahre lang wurde in Dortmund-Hörde Stahl gekocht. Der Name Phoenix stand für das Hochofenwerk auf dem Gelände Phoenix-West und das Oxygen-Stahlwerk Hermannshütte auf dem Gelände Phoenix-Ost. Mit dem Strukturwandel der Region ging diese Epoche zu Ende – aus den Werksgeländen wurde 2001 eine der zahlreichen Industriebrachen im Revier.

Der Phoenix See ist ein Musterbeispiel dafür, welche Impulse vom Umbau der Emscher ausgehen können. Zuvor wurde der Fluss im Hoesch-Kanal geschlossen unter dem ehemaligen Werksgelände hindurchgeführt. Seit Dezember 2009 sucht sich die neue Emscher ihren Weg in einem breiten, idyllischen Flussbett am Nordrand des Geländes. Damit haben wir eine ökologisch hochwertige, eigendynamische Auenlandschaft geschaffen. Für das Abwasser wurde ein eigener, unterirdischer Kanal südlich des Phoenix Sees verlegt. Dazwischen ist mit rund 24 Hektar der größte Freizeitsee in der Umgebung von Dortmund entstanden – nur 5 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Nicht zu vergessen: Der Phoenix See dient der Emscher darüber hinaus als Hochwasserrückhaltebecken, denn er kann zusätzlich rund 240.000 Kubikmeter Wasser fassen.

Attraktiver Standort

Der Phoenix See ist ein attraktiver Standort – für Freizeitaktivitäten, aber auch für das Wohnen und Arbeiten am Wasser. In der Nähe der Hörder Burg ist ein Hafen entstanden, der mit Geschäften, Freizeiteinrichtungen, Restaurants und Cafés einen Freizeitschwerpunkt am Südufer des Sees bildet. Das Nord- und Ostufer des Sees hat dagegen einen naturnahen Charakter. Auf dem Gelände Phoenix West ist durch NRW.URBAN im Auftrag der Stadt Dortmund ein multifunktionaler Standort für innovative Unternehmen der Mikro- und Nanotechnologie entstanden. Der Betrieb und die Unterhaltung der Naherholungsanlage Phoenix See, bestehend aus Wasserfläche und umliegenden Grünflächen, obliegt der Stadt Dortmund, in Belangen der Wassermengen- und Gütebewirtschaftung unterstützt durch die Emschergenossenschaft.