Kanalnetz-FAQ

Häufig gestellte Fragen zur Übertragung der Abwasserbeseitigung

Sondergesetzliche Wasserverbände wie Emschergenossenschaft und Lippeverband dürfen als Non-Profit-Unternehmen die Pflichtaufgaben der Abwasserbeseitigung für die Kommunen übernehmen. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat entschieden, dass die Kommunen die Aufgabe der Abwasserbeseitigung seit Juli 2016 auf die sondergesetzlichen Wasserverbände übertragen können. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (§ 52 Abs. 2 LWG NRW). Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft – das bedeutet, das Kanalnetz bleibt Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Die bereits umgesetzten Übertragungen in Hamm (2007), Nordkirchen (2019) und Reken (2025) auf den Lippeverband zeichnen ein erfolgreiches Bild dieser kooperativen Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wasserverband.

Die Nummer für den Notfall

Wenn Sie Fragen oder Hinweise zum öffentlichen Kanalnetz haben in Kommunen, in denen die Aufgabe auf Emschergenossenschaft und Lippeverband übertragen wurde, nehmen die Mitarbeitenden der zentralen Betriebsüberwachungszentrale (BÜZ) Ihre Hinweise gerne auf. Rund um die Uhr – von Montag bis Sonntag.
Telefon: 02041 7680
E-Mail: buez.bot@eglv.de

Abwasserbeseitigung

aus einer Hand

Kanalnetz-Übertragung als öffentlich-öffentliches Partnerschafts-Modell

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Einführung

Sondergesetzliche Wasserverbände

Im Mittelalter ließ man Abwasser einfach versickern oder leitete es über offene Gräben ab. Erst die schweren Seuchen des 19. Jahrhunderts zwangen zum Umdenken. So auch an Emscher und Lippe. Mitte des 19. Jahrhunderts hielten hier Industrialisierung und Kohleabbau Einzug. Die Abwassermengen der rasant wachsenden Städte überforderten die gefälleschwachen Fluss-Systeme.

Bergsenkungen: Flüsse überschwemmen Land mit ungereinigtem Abwasser

Durch den Bergbau verursachte Bergsenkungen hatten – in einem Bereich mit ohnehin hohem Grundwasserstand – weitere dramatische Abflussstörungen zur Folge: Häufig überschwemmten die Flüsse das Land mit den ungereinigten Abwässern und lösten Cholera- und Typhus-Epidemien aus.

Abwasserbeseitigung: Gesamtkonzept für die Region

Nur ein Gesamtkonzept für die Region, das Abwasserbeseitigung und -reinigung, Entwässerung und Hochwasserschutz regelte, konnte die Situation für die Bevölkerung an den Flüssen nachhaltig verbessern. Deshalb schlossen sich Städte, Kreise, Bergbau und Industrie 1899 zur Emschergenossenschaft zusammen. Die Gründung des Lippeverbandes folgte 1926.

  1. Verbände: Handeln ohne Eigeninteresse zum Nutzen der Mitglieder

Das Emschergenossenschaftsgesetz dient in den Folgejahren als Modell für die Gründung der anderen nordrhein-westfälischen Wasserwirtschaftsverbände, wobei „Genossenschaft“ und „Verband“ hier synonym verwendet werden. Charakteristisch für die Arbeit der Verbände ist, dass ihr Handeln ohne wirtschaftliches Eigeninteresse für die Daseinsvorsorge aller Bürgerinnen und Bürger und zum Nutzen ihrer Mitglieder auf einer eigenen gesetzlichen Grundlage erfolgt. Emschergenossenschaft und Lippeverband sorgen neben ihrer Kernaufgabe – der Abwasserbeseitigung – insbesondere auch für das Wiederherstellen lebendiger, artenreicher Flusslandschaften und geben Impulse für Stadtentwicklung und Strukturwandel. Die flussgebietsbezogene Organisationsform ist eine historisch gewachsene Besonderheit, die es in Deutschland insbesondere in Nordrhein-Westfalen gibt.

  1. Sondergesetzliche Aufgabenwahrnehmung

Die sogenannten sondergesetzlichen Wasserverbände nehmen gesetzlich übertragene, staatliche Aufgaben im Rahmen der Wasserwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen wahr. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Ableitung und Reinigung von Abwasser sowie die Renaturierung, Unterhaltung und Entwicklung von Gewässern. Um sicherzustellen, dass diese wasserwirtschaftlichen Aufgaben landeseinheitlich wahrgenommen werden, unterstehen die sondergesetzlichen Wasserverbände der direkten Aufsicht des NRW-Umweltministeriums (https://www.umwelt.nrw.de).

Kurzinfos Abwasserbeseitigung

  1. Pflichtaufgabe für die Kommunen

Städte und Gemeinden in NRW sind gesetzlich dazu verpflichtet, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) zu sammeln, zu reinigen und anschließend wieder in die Gewässer einzuleiten (§ 46 Landeswassergesetz NRW – LWG -/§ 56 Wasserhaushaltsgesetz – WHG –). Sie sind damit auch verpflichtet, die dazu erforderlichen Anlagen zu planen, bauen und zu betreiben. Diese umfassende Abwasserbeseitigungspflicht wird in NRW häufig geteilt:

In einigen Einzugsgebieten größerer Flüsse nehmen insgesamt neun sondergesetzliche Wasserwirtschaftsverbände das Reinigen des Abwassers und das anschließende Einleiten des gereinigten Wassers in die Flüsse wahr. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 53 LWG. Zur Umsetzung der komplexen Aufgabe „Abwasserbeseitigung“ dient das Instrument der „Abwasserbeseitigungskonzepte“ (ABK). Kommunen und Verbände sind gesetzlich verpflichtet, Abwasserbeseitigungskonzepte zu erstellen. (§§ 47, 53 des LWG).

Kanalsysteme müssen technisch intakt sein

Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Schäden an Kanälen (Abwasseranlagen) können dazu führen, dass Abwasser austritt, dabei in den umgebenden Boden und in das Grundwasser eintritt und dort zu Verunreinigungen führt. In anderen Fällen kann anstehendes Grundwasser in die schadhafte Kanalisation eintreten (Fremdwasser), mitgeführt werden und so das gesamte Entwässerungssystem unnötig belasten. Das kann auch dazu führen, dass ein dem Stand der Technik entsprechender Betrieb der Kläranlage nicht gewährleistet werden kann. Um diese Folgen auszuschließen, sind die Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, ihre Kanalisation regelmäßig zu überprüfen, bei Bedarf zu sanieren und regelmäßig in entsprechende Maßnahmen zu investieren, damit die gesetzlichen Vorgaben (§ 60 WHG) jederzeit eingehalten sind.

 

Ansprechpersonen

Ilias Abawi

Sprecher von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV)
Kronprinzenstraße 24
45128 Essen

Anne-Kathrin Lappe

Stabsstellenleiterin Öffentlichkeitsarbeit

Rechtliche Aspekte

Auf welcher rechtlichen Grundlage können EGLV die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übernehmen?

Das Land NRW hat mit seiner Novellierung des Landeswassergesetzes im Jahr 2016 entschieden, dass die Kommunen die Aufgabe der Abwasserbeseitigung (wieder) auf die sondergesetzlichen Wasserwirtschaftsverbände übertragen können. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Landeswassergesetzes (§ 52 Abs. 2 LWG), welcher im Jahr 2021 mit einer zweiten Änderung noch einmal konkretisiert wurde.

Bis zum Jahr 2007 bestand hierzu die Möglichkeit über die Sondergesetze der Verbände. Diese rechtliche Grundlage entfiel jedoch, sodass zwischen 2007 und 2016 der damalige Gesetzgeber vor dem Aspekt „Privat vor Staat“ keine Übertragung der Aufgaben auf öffentliche Partner zugelassen hat.

„Veräußern“ / Verkaufen die Kommunen ihr Kanalnetz an EGLV?

Nein!
Die Kommunen veräußern ihr Kanalnetz nicht! Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich nicht um einen Kauf oder eine Privatisierung, sondern um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft auf der Grundlage des Landeswassergesetzes (§ 52 Abs. 2 LWG).

Handelt es sich bei einer Aufgabenübertragung um ein „Privatisierung“?

Nein!
Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft. Es ist also ein öffentlich-öffentliches Modell! Die gesetzliche Grundlage dazu ergibt sich aus dem Landesgesetz (§ 52 Abs. 2 LWG).

Emschergenossenschaft und Lippeverband handeln dabei nicht privatrechtlich/rechtsgeschäftlich sondern im Rahmen eines staatlichen Hoheitsaktes. Sie erfüllen hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge auf einer eigenen gesetzlichen Grundlage, zum Wohle der Allgemeinheit und zum Nutzen der Mitglieder (insbesondere der Kommunen).

Mit einer Aufgabenübertragung ist weder eine „materielle Privatisierung“ noch eine „mittelbare Privatisierung“ der Aufgabe verbunden. Körperschaften des öffentlichen Rechts dürfen weder Gewinne erzielen noch fallen bei der Erledigung der hoheitlichen Aufgabe Steuern an!

Gab es in der Vergangenheit bereits Aufgabenübertragungen?

Seit 2007 gibt es in den Gebieten der sondergesetzlichen Wasserverbände eine Vielzahl von Kommunen, die das öffentlich-öffentliche Partnerschaftsmodell zur Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht gewählt haben.

Der Lippeverband hat auf damaliger verbandsrechtlicher Grundlage die Aufgabe der Abwasserbeseitigung von der Stadt Hamm (2007) übernommen. Nach der Novellierung des Landeswassergesetzes folgten dann Nordkirchen (2019) und Reken (2025). Somit gibt es bereits drei erfolgreiche Aufgabenübertragungen im Gebiet von Emschergenossenschaft und Lippeverband. Zudem führen die beiden Verbände auch aktuell weitere Gespräche mit interessierten Kommunen zu den Möglichkeiten der Aufgabenübertragung.

Was ändert sich mit der Aufgabenübertragung?

Mit der Aufgabenübertragung entfällt die gesetzliche Schnittstelle bei der Abwasserbeseitigung zwischen der Kommune (Abwasser sammeln und fortleiten) und dem Verband (das zugeleitete Abwasser reinigen und wieder einleiten). Zukünftig erfolgt die gesamte Abwasserbeseitigung aus einer Hand.

Verbleiben bei der Kommune Aufgaben im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung?

Nach einer Aufgabenübertragung verbleiben bei der Kommune die

  • Gebührenhoheit
  • Satzungshoheit
  • Planungshoheit

und die Aufgabe zur Aufstellung und Beschlussfassung des Abwasserbeseitigungskonzept (ABK).

Die Vorbereitungen der Beschlussvorlage zum ABK erfolgen in enger Abstimmung mit Emschergenossenschaft und Lippeverband.

 

 

Stehen vergaberechtliche, steuerrechtliche und gebührenrechtliche Aspekte einer Aufgabenübertragung entgegen?

Hinweis: Es handelt sich um eine gesetzliche Aufgabenübertragung und nicht um einen Verkauf bzw. einen Kauf des Kanalnetzes (siehe Frage 1).

Vergaberecht: Die Aufgabenübertragung stellt keinen „öffentlichen Auftrag“ im Sinne des GWB-Vergaberechts (GWB = Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) dar. Das Vergaberecht ist somit nicht anzuwenden.

Steuerrecht: Die Aufgabenübertragung hat keine Umsatzsteuerpflicht (§ 2b UStG) zur Folge, da weder die Kommune noch der Verband als „Unternehmer“ handeln. Die Aufgabenerfüllung erfolgt somit – wie bisher durch die Kommune selbst – ohne Steuer- und zudem auch ohne Gewinnaufschlag!

Gebührenrecht: Der Verband erhebt im sog. Sonderinteresse von der Stadt einen Verbandsbeitrag für die übertragene Aufgabe. Dies erfolgt durch einen Beitragsbescheid (§ 52 Abs. 2 S.8 LWG). Die Stadt kann nach einer Aufgabenübertragung für ihre diesbezüglichen „Verbandslasten“ Gebühren nach § 7 Abs. 1 KAG erheben.

Was geschieht mit den bestehenden bzw. neuen Abwasseranlagen nach einer Aufgabenübertragung?

An den bestehenden Abwasseranlagen (dazu gehört beispielsweise auch das Kanalnetz) behält die Kommune das rechtliche (dingliche) Eigentum. Der Verband erhält jedoch ein vollständiges Nutzungsrecht an den Anlagen zur Durchführung der übernommenen Aufgaben. Dieses Recht ergibt das sog. „wirtschaftliche Eigentum“, welches in diesem Zuge auf den Verband übergeht. Das bedeutet, dass die so übernommenen Abwasseranlagen wirtschaftlich als Vermögensgegenstand des Verbandes behandelt werden und so durch ihn entsprechend bilanziert und abgeschrieben werden können.

Der Verband nutzt die bestehenden Anlagen zur Durchführung der übernommenen Aufgabe und nimmt anstelle der Kommune die Abschreibung vor, um dann die notwendigen Neuinvestitionen zum Erhalt der Abwasseranlagen tätigen zu können.

An den neu zu errichtenden Abwasseranlagen hält der Verband dann zukünftig sowohl das wirtschaftliche als auch das rechtliche (dingliche) Eigentum.

Welche formalen Schritte sind in einem Projekt mit dem Ziel der Aufgabenübertragung erforderlich?

Zunächst beschließt der städtische Rat, dass die Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf den Verband übertragen werden soll. Die Verbände (Emschergenossenschaft o. Lippeverband) müssen dieser – vom kommunalen Rat beschlossenen Aufgabenübertragung – durch die Genossenschafts- bzw. Verbandsversammlung zustimmen. Das Umweltministerium genehmigt dann die Aufgabenübertragung auf Grundlage des Landeswassergesetzes (§ 52 Abs. 2 LWG).

Die Gemeinde hat vor der Aufgabenübertragung einen Nachweis über den Investitionsbedarf zur Sanierung der dem Kanalisationsnetz zugehörigen Abwasseranlagen und über die zeitliche Abfolge der erforderlichen Maßnahmen zu erstellen und der zuständigen Bezirksregierung vorzulegen (§ 52 Abs. 2 S. 3 – 5 LWG). Grundlage sind die Investitionen und Abschreibungszeiten der bestehenden Abwasseranlagen. Die zuständige Bezirksregierung prüft diesen Nachweis, um sicherzustellen, dass die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt der Abwasseranlagen auch zukünftig durch den Verband getätigt werden und so die kommunale Abwasserbeseitigungspflicht rechtskonform umgesetzt wird.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Bezirksregierung ist Voraussetzung für die verbandsrechtliche Genehmigung. Eine separate Genehmigung der Bezirksregierung zur Aufgabenübertragung erfolgt nicht, die Bezirksregierung hat einen Prüfauftrag.

Abschließend bedarf die Aufgabenübertragung einer verbandsrechtlichen Genehmigung des Umweltministeriums (§ 52 Abs. 2 S. 8 LWG).

Werden unabhängige Wirtschaftsprüfer eingebunden?

Unabhängige Wirtschaftsprüfer testieren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einer Aufgabenübertragung.

Finanzwirtschaft / Haushalt

Warum leisten die Verbände einen finanziellen Ausgleich ohne das Kanalnetz zu kaufen welchen Ausgleich erhält die Kommune konkret im Zuge der Aufgabenübernahme von den Verbänden?

Bei der Ausgleichszahlung handelt es sich nicht um einen Kaufpreis. Der Verband leistet die sog. Ausgleichszahlung vielmehr für das ihm diesbezüglich eingeräumte Recht für die Nutzung der bestehenden Anlagen, welche er zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflichten braucht und nutzt.

Die Kommune erhält durch die Verbände einen Wertausgleich für die zum Übertragungszeitpunkt bei der Kommune bestehenden und zur Nutzung an den Verband übergebenen Abwasseranlagen. Die Höhe des Wertausgleichs wird im Einzelfall anhand der tatsächlich vorhandenen Anlagengüter ermittelt und zwischen Verband und Kommune abgestimmt.

Wie gestaltet sich die zukünftige Gebührenerhebung?

Die Kommune wird auch weiterhin die Gebühren kalkulieren und erheben. Die Gebührenhoheit verbleibt weiterhin bei der Kommune.

Wie rechnet sich das Modell für die Verbände?

Als Non-Profit-Unternehmen dürfen die sondergesetzlichen Wasserverbände keine Gewinne erzielen. Sie verdienen und verlieren nicht durch die Aufgabenübertragung. Alle Kosten aus der übertragenen Aufgabe trägt die Kommune über einen Sonderbeitrag, ohne jegliche Gewinnzuschläge. Die Verbände handeln im genossenschaftlichen Sinne und unterstützen entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag, dass ihre Mitglieder vom starken Partner und dessen Erfahrung und Know-how profitieren.

Wie finanzieren die Verbände die Ausgleichszahlung?

Die Verbände haben als Non-Profit-Unternehmen keine Rücklagen oder Gewinne aus ihrer bisherigen verbandlichen Tätigkeit, mit denen sie die Ausgleichszahlungen bei einer Aufgabenübertragung vornehmen könnten. Die Verbände werden vielmehr Darlehen mit längeren Laufzeiten und zu günstigen Konditionen speziell für die Finanzierung der Ausgleichszahlung aufnehmen.

Die Refinanzierung erfolgt über den langen Nutzungszeitraum über die Beiträge im Sonderinteresse gegenüber der die Aufgabe abgebenden Kommune. Sie sind dann Bestandteil der kommunalen Gebühr, führen aber nicht zu system-umstellungsbedingten Gebührensteigerungen. Andere Genossenschafts- bzw. Verbandsmitglieder werden somit durch die Aufgabenübertragung und ihre Finanzierung nicht belastet!

Was bedeutet die Aufgabenübertragung für die kommunalen Gebühren und was muss beachtet werden?

Es darf im Zuge der Aufgabenübertragung zu keinen sog. systemumstellungsbedingten Gebührensteigerungen kommen. Das heißt, dass die Aufgabenübertragung als solche nicht zu einer gebührenrechtlichen Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger führen darf.

Unabhängig davon können zukünftige Beitrags- und Gebührenerhöhungen aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen oder neuer Anforderungen an die Abwasserbeseitigung nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt aber aktuell auch für die Kommune selbst und könnte auch nicht vermieden werden, wenn sie die Aufgabe weiterhin selbst durchführt.

Zu ermitteln sind die kommunalen Abwassergebühren nach der Aufgabenübertragung wie folgt:

  • Allgemeiner Mitgliedsbeitrag für die Abwasserreinigung (Übernehmen, Reinigen und Einleiten ins Gewässer)
  • Sonderinteresse für die Umsetzung der übertragenen Abwasserbeseitigungspflicht (Sammeln und Fortleiten), die die Kommune vorher selbst umgesetzt und finanziert hat
  • Abwasserabgabe an das Land (wird unverändert von den Verbänden an die Kommunen weitergeleitet)
  • Anteil der Kosten, der bei der Stadt selbst weiterhin für das Produkt Abwasser anfällt (z. B. für Erstellung der Gebührenbescheide)

Verbunden mit den aktuellen Werten der Wasserverbräuche und den versiegelten Flächen erstellt die Kommune zukünftig weiterhin die Abwassergebührenkalkulation. Die Verwaltung legt – wie bisher auch – die Gebührenkalkulation den Ausschüssen bzw. dem Rat zur Entscheidung vor und stellt den Gebühreneinzug sicher. Die Stadt hat somit unverändert auch nach der Aufgabenübertragung die Steuerung über die Gebührenentwicklung in ihrer Hand.

Kann die Stadt die Ausgleichszahlung zur Entschuldung nutzen?

Die Ausgleichszahlung kann grundsätzlich auch zur Entschuldung genutzt werden. Die Möglichkeit einer vollständigen oder teilweisen Entschuldung hängt von der Höhe der Ausgleichszahlung und dem Schuldenstand der jeweiligen Kommune ab. Hierbei sind jedoch die Aspekte einer Gebührenstabilität mitzudenken.

Technische Aspekte

Welche Vorteile bietet eine Aufgabenübertragung der Kommune?

Die Kommune überträgt Ihrer Pflichtaufgabe auf einen großen Wasserverband, dessen Kerngeschäft die Siedlungswasserwirtschaft ist. Je weniger Schnittstellen durch unterschiedliche Akteure zu bedienen sind, desto mehr Synergieeffekte ergeben sich und umso größer ist die Möglichkeit, wirtschaftliche Vorteile zu heben, die letztendlich dem Gebührenzahler zugutekommen.

Die Verbände bieten eine Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes außerhalb der regulären Dienstzeiten und im Falle von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sowie eine 24/7-Anbindung an die verbandliche Betriebsüberwachungszentrale.

Durch die Übertragung ist die personelle Fachkompetenz auch in Zeiten des sich ankündigenden Fachkräftemangels gewährleistet. Außerdem nutzt sie mit der Übertragung das gesamte technische, betriebswirtschaftliche und juristische Fachwissen des Wasserverbandes.

Dabei behält die Kommune die kommunale Entscheidungshoheiten für die Planung und die Investitionen ins Kanalnetz durch den Ratsbeschluss über das ABK sowie die Satzungs- und Gebührenhoheit.

Gibt es technische Vorteile für den Verband?

Durch die Erfüllung wasserwirtschaftlicher Aufgaben aus einer Hand können sich erhebliche Vorteile für die Kanalnetzunterhaltung und die Bewirtschaftung von Abwasseranlagen wie Regenrückhaltebecken, Stauraumkanälen, Pumpwerken und Kläranlagen ergeben. So können z. B. Kanalnetz und Kläranlage gemeinsam unter maximaler Nutzung der im Gesamtsystem verfügbaren Kapazitäten nachhaltig und technisch/wirtschaftlich optimal betrieben werden.

Schnellere Reaktionen im Betrieb, z. B. die temporäre Speicherung von Abwasser im Kanalnetz, zum Schutz der biologischen Prozesse in den Kläranlagen oder zur Vermeidung möglicher und schädlicher Gewässereinleitungen, sind so möglich. Die Auflösung der Schnittstelle kommt somit umfänglich der Gewässerqualität zugute.

Die Koordination von Kanalreinigung, Unterhaltungs- und Baumaßnahmen usw. kann aus einer Hand schnell und wirtschaftlich geleistet werden. So verkürzen sich beispielsweise auch bei der Planung und der Ausführung von Kanalbau- und Sanierungsprojekten, bei denen eine Vielzahl von Übergabepunkten betroffen sind, die Wege zur Informationsbeschaffung und Entscheidung.

Stellt der Verband sicher, dass die Anlagen dauerhaft überwacht werden?

Durch die Anbindung an die verbandliche Betriebsüberwachungszentrale – z. T. mit ganz eigenen Kommunikationsmitteln und mit eigenen Kabelverbindungen sowie 24/7 verfügbaren Mitarbeitern für Störungs- und Instandhaltungsarbeiten – wird eine ganzjährige Überwachung rund um die Uhr sichergestellt. Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sind zu jeder Zeit gegeben.

Allgemeines

Warum bezahlen die Kommunen nicht einfach ein Privatunternehmen für die Unterhaltung der Kanäle?

Mit der hoheitlichen Aufgabenübertragung auf der Grundlage des Gesetzes bringt die Kommune ihre Grundsatzentscheidung zum Ausdruck, dass sie auch weiterhin eine öffentlich-rechtliche Lösung für die Abwasserbeseitigung favorisiert. Der damit verbundene Pflichtenübergang kann nur auf den sondergesetzlichen Wasserverband erfolgen – nicht aber auf ein Privatunternehmen.

Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass sondergesetzliche Wasserverbände ihre Dienstleistungen weder gewinnorientiert noch mit Steueraufschlägen erbringen.

Ein Privatunternehmen könnte demgegenüber nach einer europaweiten Ausschreibung seitens der Kommune lediglich als sog. Erfüllungsgehilfe der Gemeinde mit Gewinnaufschlägen und einer zusätzlichen Steuerbelastung tätig werden.

Was ist die Motivation der Verbände, die Aufgabe von den Kommunen zu übernehmen?

Die Abwasserbeseitigung bleibt als Teil der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand und wird nicht privatisiert!

Mit der Aufgabenübertragung wollen die sondergesetzlichen Wasserverbände, ihrem Kerngeschäft entsprechend, zusätzliche Aufgaben für ihre Mitglieder übernehmen – das ist ganz im Sinn des „Genossenschaftsgedankens“.

In Zukunft möchten die Verbände auf Grundlage ihrer besonderen Erfahrungen noch mehr Verantwortung in den Verbandsgebieten übernehmen: Immer im Sinne der Daseinsvorsorge und vor dem Status als öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen.

Die Auflösung der heute bestehenden technischen Schnittstelle bringt erhebliche Vorteile bei der Unterhaltung des Kanalnetzes sowie der Bewirtschaftung aller Abwasseranlagen mit sich. Auf diesem Wege können Kommune und Wasserverband partnerschaftlich den wasserwirtschaftlichen Herausforderungen und auch gesetzlichen Vorgaben begegnen.