Seltene Edelkrebse zurück in der Alten Emscher

Renaturierung des Gewässers ermöglichte Besiedelung mit der regional vormals ausgestorbenen Tierart

Duisburg. Nach über 100 Jahren kehrt der Europäische Edelkrebs in die Alte Emscher in Duisburg zurück. Die Schalentiere sind ganz aktuell in das von der Emschergenossenschaft im Zuge des Generationenprojektes Emscher-Umbau vom Abwasser befreite und renaturierte Gewässer eingesetzt worden. An der Besatzaktion waren neben dem öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsverband auch das Edelkrebsprojekt NRW, dessen Projektträger NABU NRW und Fischereiverband NRW e.V., sowie die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet beteiligt. Der Edelkrebs ist repräsentativ für viele heimische Tiere, die durch künstliche Gewässerbelastungen und durch den Menschen verbreitete gebietsfremde Arten aus ihren ursprünglichen Lebensräumen verdrängt wurden.

Der Europäische Edelkrebs (Astacus astacus) war einst in nahezu allen geeigneten Fließgewässern Mitteleuropas weit verbreitet, ehe die Art infolge von Gewässerverschmutzung, Lebensraumverlust und der durch die Ausbreitung nichtheimischer Krebsarten eingeschleppten Krebspest regional vollständig ausgerottet wurde. „Mit der Maßnahme zur Wiederansiedlung in der Alten Emscher soll ein Stück heimischer Biodiversität zurückgebracht werden. Der Edelkrebs ist ein sogenannter Schlüsselorganismus in unseren Gewässern, da er durch seine grabende und reinigende Aktivität wesentlich zur Durchmischung des Sediments und zur Verbesserung der Wasserqualität beiträgt“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Als Allesfresser ist der Edelkrebs zudem Teil eines ausgewogenen ökologischen Gleichgewichts und dient zahlreichen Fischarten, Vögeln und Säugetieren als Nahrungsquelle.

Das Edelkrebsprojekt NRW wird gemeinschaftlich vom NABU NRW e.V. und dem Fischereiverband NRW e.V. getragen. Die Tiere zur Wiederansiedlung werden durch das Projekt in eigenen Anlagen vermehrt. Ohne die gezielte Wiederansiedlungsmaßnahme wäre der Edelkrebs sehr stark in seinem Fortbestand in Nordrhein-Westfalen bedroht.

„Ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Wiederansiedlung der Edelkrebse ist ein sehr guter ökologischer Gewässerzustand und eine möglichst isolierte Lage, sodass invasive Krebsarten sich möglichst nicht bis in das Besatzgewässer hin ausbreiten können. Beide Faktoren sind in der Alten Emscher in Duisburg mit seinem Abschnitt im Landschaftspark Duisburg-Nord dank der umfassenden Renaturierungsmaßnahmen durch die Emschergenossenschaft gegeben“, sagt Dr. Heide Naderer, Landesvorsitzende des NABU NRW.

Die Maßnahme ist damit nicht nur ein Symbol für gelungene Gewässerentwicklung, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Förderung der biologischen Vielfalt in der Region. Ähnliche Projekte zeigen, dass sich der Edelkrebs unter geeigneten Bedingungen langfristig etablieren kann, was ein ermutigendes Zeichen für Duisburg und die gesamte Region ist.

Teile der Emscher-Gewässer als geeignetes Zielhabitat eingestuft
Das Edelkrebsprojekt Nordrhein-Westfalen hat weitere Teilabschnitte von Gewässern im Einzugsgebiet der Emscher als geeignete Zielhabitate eingestuft. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die heimischen Flusskrebsarten zu schützen und zu fördern. Hierzu werden landesweit fortlaufend geeignete Besatzgewässer gesucht, um den Tieren geeignete Lebensräume als „Trittsteine“ für einen langfristigen Erhalt dieser bedrohten Art zu bieten. „Mit der naturnahen Umgestaltung der Emscher und ihrer Nebenläufe entwickeln wir neue Lebensräume – es entstehen neue Chancen für die Entwicklung einer gesunden, ökologisch wertvollen und artenreichen Region“, sagt Prof. Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft.

Kooperation zwischen NABU NRW und Emschergenossenschaft
Umweltschutz, Biodiversität und Umgang mit den Folgen des Klimawandels sind Themen, die sich der Naturschutzbund NABU und Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) als große Verbände in NRW auf die Fahne geschrieben haben. Seit 2021 arbeiten die Emschergenossenschaft und der NABU NRW im Rahmen einer Kooperation gemeinsam an der Umsetzung dieser Themen. Neben Artenschutzmaßnahmen stehen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und wasserpolitische Themen im Fokus.

Die Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de