Umbau des Berne-Systems schreitet weiter voran

Emschergenossenschaft führt Emscher-Nebenflüsse auf Essener Stadtgebiet an die Natur zurück

Essen. Während die Emscher bereits seit Ende des Jahres 2021 als abwasserfrei gilt, laufen die Arbeiten an ihrem Nebenfluss auf Essener Stadtgebiet – der Berne – derzeit auf Hochtouren. Die Berne und ihre eigenen Nebenflüsse, das sogenannte Berne-System, werden durch den Bau von Abwasserkanälen von der Schmutzwasserfracht befreit. Dazu entstehen rund 20 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen. Der Abwasserfreiheit folgt die ökologische Verbesserung, bei der die Flüsse nach jahrzehntelanger Nutzung als Kloake an die Natur zurückgeführt werden. In den Umbau des Berne-Systems und die ökologische Aufwertung investiert die Emschergenossenschaft knapp 500 Millionen Euro.

Die Emscher als der zentrale Fluss des Ruhrgebiets ist jedem Menschen in der Metropole Ruhr ein Begriff, verbinden doch alle ihre eigenen Erinnerungen mit dem Gewässer – die von der alten stinkenden „Köttelbecke“ zu der neuen blaugrünen Emscher reichen. Doch während alle Menschen aus dem „Ruhrpott“ die Emscher kennen, kennen nur die wenigsten die Emscher-Nebenflüsse direkt vor der eigenen Haustür. Auf Essener Stadtgebiet befinden sich zwei große Emscher-Nebenflüsse. Einer von ihnen ist die 7,8 Kilometer lange Berne, die im Essener Südviertel entspringt. Ab ihrer Quelle und im Verlauf der ersten Kilometer ist sie verrohrt und tritt nördlich der Innenstadt an der Grillostraße zu Tage. Von dort fließt sie nach Norden Richtung Altenessen und mündet schließlich in Bottrop-Ebel in die Emscher. Das Berne-System entwässert mit einem Einzugsgebiet von rund 60 Quadratkilometern große Teile von Essen sowie kleine Bereiche von Mülheim an der Ruhr und Bottrop.

Umbau der Berne
Die Berne ist der letzte Zufluss der Emscher, den es noch von seiner Schmutzwasserfracht zu befreien gilt. Damit die Berne vom Abwasser verschont werden kann, baut die Emschergenossenschaft einen unterirdischen Kanal, der zukünftig das Abwasser trägt, das derzeit noch durch das Gewässer fließt. Die Kanalarbeiten dazu laufen auf Hochtouren: Derzeit wird entlang der Berne an der Strecke zwischen der Koksstraße in Altenessen-Süd und dem Sulterkamp in Bergeborbeck gebaut. Streckenweise konnte der Kanal bereits fertiggestellt werden: Von der Grillostraße bis zur Koksstraße sowie vom Sulterkamp bis zur Mündung in den Abwasserkanal Emscher (AKE) in Bottrop-Ebel ist der Bau bereits abgeschlossen.

Wie ist es aber möglich, dass die Emscher vollständig abwasserfrei ist, obwohl ihr Nebenfluss noch nicht von dem Schmutzwasser befreit werden konnte? Die Antwort auf diese Frage liegt in dem fertiggestellten Streckenabschnitt vom Sulterkamp bis zur Mündung in den AKE: Bis der Abwasserkanal der Berne voraussichtlich Ende 2023 vollständig fertiggestellt werden kann, wird das Wasser aus der Berne über ein Provisorium in den fertigen Abschnitt des Kanals eingeleitet. Dadurch bleiben die letzten 2,5 Kilometer der Berne und damit auch die Emscher von dem Schmutzwasser verschont.

Erst mit Fertigstellung des Kanals und der dadurch gewonnenen Abwasserfreiheit der Berne kann mit der ökologischen Aufwertung begonnen werden. Dafür wird das Gewässer von seinem einst eingesetzten Betonkorsett befreit. Die Böschungen werden flacher und vielseitiger gestaltet und bieten somit wieder Lebensraum für Flora und Fauna.

Arbeiten an Berne-Nebenflüssen
Der Emscher-Nebenfluss Berne hat wiederum eigene Nebenflüsse, die sich alle auf Essener Stadtgebiet befinden: den Stoppenberger Bach, den Sälzerbach, den Borbecker Mühlenbach – der teilweise auch durch Mülheim fließt – und den Pausmühlenbach. Der Stoppenberger Bach bildet die Grenze zwischen den Stadtteilen Ostviertel und Frillendorf, fließt – wie sein Name vermuten lässt – durch Stoppenberg und mündet schließlich in Altenessen in die Berne. Um den Fluss vom Abwasser zu befreien, errichtet die Emschergenossenschaft entlang des Gewässers zwischen Elisenstraße und Twentmannstraße im Stadtteil Stoppenberg einen Abwasserkanal, der den Stoppenberger Bach zukünftig vom Abwasser verschont. Die Planungen zur ökologischen Aufwertung sind währenddessen in vollem Gang und der Genehmigungsantrag zu diesen Bau-Maßnahmen wurde im Herbst 2021 eingereicht.  

Einen Schritt weiter ist die Emschergenossenschaft schon beim Sälzerbach und beim Borbecker Mühlenbach. Zu dem Einzugsgebiet des Sälzerbachs gehören die Stadtteile Bochold, Altendorf, Frohnhausen und Holsterhausen. Der Borbecker Mühlenbach entspringt in Bredeney und durchfließt anschließend den Grugapark, wobei er für etwa einen Kilometer die Stadtgrenze von Essen und Mülheim bildet. Von Schönebeck geht es über Borbeck nach Bochold, wo der Sälzerbach einmündet. Der Borbecker Mühlenbach mündet schließlich in Bergeborbeck, westlich des Stadions Essen, in die Berne.

Der Oberlauf des Borbecker Mühlenbachs, südlich der A40, ist nicht nur abwasserfrei, sondern bereits vollständig renaturiert. Seit einigen Jahren leben wieder Fische in dem Gewässer – unter ihnen die seltene Emscher-Groppe, die beinahe ausgestorben wäre, sich jedoch nun wieder in den Emscher-Gewässern ansiedelt. Daran sollen die restlichen Abschnitte des Borbecker Mühlenbachs und der Sälzerbach nun anknüpfen: Der Borbecker Mühlenbach ist bereits abschnittsweise abwasserfrei und der Sälzerbach kann nach der Inbetriebnahme des Regenrückhaltebeckens an der Grieperstraße vollständig von der Schmutzwasserfracht befreit werden. Der Antrag zur ökologischen Verbesserung beider Gewässer wurden währenddessen genehmigt und die Ausführungsplanung läuft auf Hochtouren.

Pausmühlenbach bald vollständig ökologisch aufgewertet
Noch besser sieht es bereits am Pausmühlenbach in Borbeck aus: Der Berne-Nebenfluss ist bereits seit Anfang des Jahres 2022 vollständig abwasserfrei. Seine ökologische Verbesserung steht kurz vor der Umsetzung und kann voraussichtlich im Frühjahr 2023 fertiggestellt werden. Ab Mitte Juli beginnen die Baumaßnahmen im und am Gewässer. Für die gesamte Bauzeit werden je nach Baufortschritt Wegeumleitungen eingerichtet. Die Überquerung des Gewässers bleibt während der Bauzeit weiterhin möglich.

Die Renaturierungsmaßnahme teilt sich in zwei Bauabschnitte. Im einen Abschnitt wird im Bereich der Levinstraße ein Regenrückhaltebecken mit einem Volumen von rund 7.200 Kubikmetern gebaut. Dieses hält bei starken Niederschlägen das Regenwasser vorübergehend zurück, sodass es im Anschluss kontrolliert ins Gewässer abgelassen werden kann. Im Umfeld des Beckens entsteht der neue Verlauf des Pausmühlenbachs und eine dazugehörige Auenfläche, in der viele Tiere und Pflanzen ihr neues Zuhause finden werden. Für diese Arbeiten wird die teilweise noch vorhandene Baustraße, welche parallel zum Pausmühlenbach verläuft, genutzt. Deshalb ist vor allem im Bereich der Parkplätze der Kleingartenanlage Weidkamp wieder mit Baustellenverkehr zu rechnen.

Der andere Bauabschnitt verläuft vom zukünftigen Regenrückhaltebecken am Friedhof vorbei zur Alten Bottroper Straße bis zum Bahndamm. Der Baustellenverkehr wird hier über die Alte Bottroper Straße geführt. Die Emschergenossenschaft bittet um Verständnis.

Wasserralle sorgte für Baustopp
Während alle anderen Zuflüsse der Emscher bereits abwasserfrei sind, erfolgt die Abwasserfreiheit des Berne-Systems vergleichsweise langsam. Schuld an der Verzögerung ist unter anderem die Wasserralle: Der seltene und daher schützenswerte Vogel wurde an der Stadtgrenze zwischen Essen und Mülheim nachgewiesen. Seine Sichtung stoppte das Bauprojekt um ganze fünf Jahre. Die Emschergenossenschaft baute in knapp 500 Metern Entfernung ein Ersatzhabitat, in dem der Vogel allerdings nicht brüten wollte. In enger Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf entstand ein zweites Ersatzhabitat im Bereich der ehemaligen Kleingartenanlage Böhmerstraße in Essen-Frohnhausen, in dem die Wasserralle nun ein neues Zuhause finden kann.

Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz. www.eglv.de