Über 60 Projekte bereits erfolgreich umgesetzt

Expert*innen für Stadtentwicklung und Wasserwirtschaft tauschen sich beim „Emscher-Lippe-Forum 2022“ aus

Emschergebiet/Lippegebiet. Flüsse müssen praktisch und nützlich sein – so dachten jedenfalls Planer*innen vergangener Zeiten. Deswegen wurden Flüsse begradigt und Ufer befestigt. Heute geht man den umgekehrten Weg: Gewässer wie die Lippe und die Emscher werden ökologisch aufgewertet und naturnah umgestaltet, sodass sich Flora und Fauna im und am Wasser wieder frei entfalten können. Das heißt aber nicht, dass der Mensch zum Schutze der Natur vom Wasser verbannt wird. An diesem Montag trafen sich auf Einladung von Emschergenossenschaft und Lippeverband rund 80 Expert*innen für Stadtentwicklung und Wasserwirtschaft in Essen, um sich darüber auszutauschen, wie Stadtentwicklung und Wasserwirtschaft in der Emscher-Lippe-Region miteinander vereint werden können.

„Über 60 Projekte haben wir bereits gemeinsam mit den Kommunen in der Emscher-Lippe-Region umgesetzt. Und die Ideen gehen uns nicht aus! Besonders im Hinblick auf die Frage, wie wir Städte klimaresilient gestalten können, gehen Städtebau und Wasserwirtschaft Hand in Hand“, erklärt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband. Gemeinsam mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD) kooperieren die beiden Wasserwirtschaftsverbände seit 2006 bei „Gemeinsam für das Neue Emschertal“ und seit 2014 bei „Gemeinsam an der Lippe“ mit den Kommunen in der Emscher-Lippe-Region. Ziel beider Kooperationen ist die Verzahnung von Stadt(teil)entwicklung, Ökologie und Wasserwirtschaft, die Verbesserung der Lebensqualität in der Region und Stärkung der Identifikation der Menschen in den Stadtteilen mit den Flüssen. In den Kooperationen werden Ressourcen gebündelt, gemeinsame Projekte entwickelt sowie Wissen und Erfahrung ausgetauscht.

Beim aktuellen Forum wurden bereits erfolgreich umgesetzte Projekte vorgestellt und gezeigt, wie die Lebensqualität in den Quartieren und die Erlebbarkeit der Gewässer für die Bevölkerung gesteigert und gleichzeitig die ökologische Situation der Gewässer verbessert werden kann. In den verschiedensten Kommunen wurden Kunst- und Kulturprojekte am Wasser umgesetzt, Rastplätze und Spielpunkte geschaffen, um die Heimat vor der Haustür zum Treffpunkt für die Nachbarschaften zu gestalten, und es wurden an acht Orten „Blaue Klassenzimmer“ (Haltern am See und Kamen an der Lippe und in der Emscher-Region: Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gladbeck und Recklinghausen) geschaffen, an denen Schulklassen und Jugendgruppen die Natur im und am Fluss erforschen können.

Einige gelungene Projekte wurden beim Emscher-Lippe-Forum vorgestellt, darunter der Lern- und Entdeckerort an der Mündung des Heerener Mühlbachs in Kamen. Die Bewohner*innen des Stadtteils Heeren-Werve hatten den Lippeverband gebeten, an der Mündung des Mühlbachs in die Seseke einen Ort zum Picknicken zu gestalten. Zusammen mit der Stadt Kamen entwickelte der Lippeverband diese Idee weiter und schuf einen Lern- und Entdeckerort mit einem Amphitheater. Ideen für die Gestaltung wurden bei einer Planungsveranstaltung mit den Quartiersbewohner*innen gesammelt. Im Emscher-Gebiet zeigt das Projekt am Bottroper Kirchschemmsbach, wie renaturierte Gewässer zum Treffpunkt für Jung und Alt werden können. Neben einem Rad- und Fußweg, der den Bach erstmals für alle zugänglich macht, wurde dort ein Generationenwald geschaffen, in dem sich Besucher*innen auf neu gestalteten Sitzmöglichkeiten entspannen oder sich an den Spielpunkten und Fitness-Geräten aktiv betätigen können.

Aus der gastgebenden Kommune Essen konnte das Projekt „Katernberger Bach – Mach mit“ bei einem gemeinsamen Spaziergang erkundet werden. „Stadtentwicklung und Wasserwirtschaft sind bei diesem Projekt Hand in Hand gegangen, um für die Bürgerinnen und Bürger in Katernberg ein erhebliches Plus an Aufenthalts- und Lebensqualität zu schaffen. Auch die Katernbergerinnen und Katernberger selbst haben sich bereits im Rahmen der Vorplanung beteiligt. Viele der Wünsche konnten deshalb auch umgesetzt werden, wie beispielsweise ein Parcourspot, ein Imkergarten, ein Kinderspielplatz und ein Jugendort, genauso wie eine Hundewiese. Damit ist der neue Katernberger Bach ein Ergebnis der tollen Zusammenarbeit aller Beteiligten“, so der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. 2015 startete die Beteiligung im Quartier, in 2019 war Baubeginn und in 2022 wurde mit einem Quartiersfest die Eröffnung des Baches gefeiert. Es entstanden Spielplätze, ein Matschufer und Bienengarten, Geh- und Radwege, Bänke, Kunstaktionen, ein Blaues Klassenzimmer und vieles mehr.

Alle Projekte von „Gemeinsam für das Neue Emschertal“ und „Gemeinsam an der Lippe“ werden zu 80 Prozent vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Die restlichen 20 Prozent übernehmen Emschergenossenschaft und Lippeverband. In den vergangenen vier Jahren wurden die Projekte mit rund 2,7 Millionen Euro gefördert. Über 60 Projekte wurden bereits umgesetzt – dass diese nicht die Einzigen bleiben sollen, zeigten die Zukunftsideen, die 16 Kommunen beim Forum vorstellten. Am Emscher-Lippe-Forum teilgenommen haben Expert*innen aus den Kommunen Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Datteln, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Haltern am See, Herne, Herten, Kamen, Lünen, Marl, Oberhausen, Oer-Erkenschwick und Voerde.

Die Emschergenossenschaft und der Lippeverband
Emschergenossenschaft und Lippeverband sind öffentlich-rechtliche Wasserwirtschaftsunternehmen, die als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip leben. Die Aufgaben der 1899 gegründeten Emschergenossenschaft sind unter anderem die Unterhaltung der Emscher, die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie der Hochwasserschutz. Der 1926 gegründete Lippeverband bewirtschaftet das Flusseinzugsgebiet der Lippe im nördlichen Ruhrgebiet und baute unter anderem den Lippe-Zufluss Seseke naturnah um. Gemeinsam haben Emschergenossenschaft und Lippeverband rund 1700 Mitarbeiter und sind Deutschlands größter Abwasserentsorger sowie Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. www.eglv.de