Stark gegen Klimawandel: Wie der Vorplatz der Europahalle zur grünen Oase wird

Die Stadt Castrop-Rauxel ist Gastgeber für das 7. Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk von Emschergenossenschaft und Städten am 21. und 22. September. Strategien für den klimafesten Umbau

Castrop-Rauxel. Eine grüne Oase breitet sich vor der Europahalle in Castrop-Rauxel aus, von Steinplatten und Autos ist nichts mehr zu sehen. Eine konkrete Planung ist das nicht, aber eine Vision für eine klimarobuste Stadtgestaltung. Die ist Thema beim 7. Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk in der Europahalle. Fachleute aus den Rathäusern der Region arbeiten an Strategien, mit denen sich Städte gegen Hitzestress und Starkregen wappnen können – inklusive Beispielen dafür aus Castrop-Rauxel.

Ein kurzer Video-Clip zum 7. Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk zeigt eine Utopie: Der Platz vor der Europahalle in Castrop-Rauxel, wo sonst Autos parken, Beton und Steinplatten die Szenerie dominieren, leuchtet in Grün und Blau. Bäume, Wiesen, Blühpflanzen, eine Wasserfläche, ein Springbrunnen sind zu sehen – und drumherum Leben, Menschen, die sich hier aufhalten. Die vom Designer Jan Kamensky gestaltete Bild-Vision (zu sheen auf Youtube: https://youtu.be/ozqdeP66xwg) zeigt alle Elemente, mit denen die Zukunftsinitiative Klima.Werk den klimarobusten Umbau der Region vorantreiben will. Das Netzwerk aus Emschergenossenschaft und Emscher-Kommunen, darunter auch Castrop-Rauxel, trifft sich jährlich zu einem Expertenforum, damit sich Vertreter*innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Politik austauschen und gemeinsam Strategien für die wasserbewusste Stadt- und Raumplanung im Ruhrgebiet entwickeln können.

Gemeinsam für unsere Region
Ausrichter des siebten, zweitägigen Expertenforums in der Europahalle ist in diesem Jahr die Stadt Castrop-Rauxel. Das Motto der Veranstaltung: „Gemeinsam für unsere Region – Klima.Werk: Stark machen für Klimaresilienz“. Auch wenn die Utopie vom Video-Clip so schnell keine Realität werden kann, ist es wichtig, Möglichkeiten zu visualisieren. „Wir brauchen solche Bilder, um unsere Vorstellungskraft anzuregen und voranzukommen“, sagte Castrop-Rauxels Bürgermeister Rajko Kravanja bei der Eröffnung des Expertenforums. „Klar ist, wir müssen unsere Städte umbauen, um sie an die Folgen des Klimawandels anzupassen und die Lebensqualität zu erhalten. Das machen wir im Schulterschluss in der Zukunftsinitiative Klima.Werk, indem wir bei unseren Projekten und Baumaßnahmen nach dem Prinzip der Schwammstadt handeln und die blaugrünen Infrastrukturen ausbauen.“

Stärkung des natürlichen Wasserkreislaufs
Schwammstadt – das bedeutet die Stärkung des natürlichen Wasserkreislaufs: Regenwasser wird nicht mehr in die Kanalisation abgeleitet, sondern lokal zurückgehalten, gespeichert oder einem Gewässer zugeführt. So kann es versickern, der Bewässerung dienen oder verdunsten und damit die Umgebung kühlen. Mehr Blau, mehr Grün in den Städten, das wirkt sich positiv auf das Mikroklima in den Wohnvierteln und der Stadt insgesamt aus. Nach diesen Prinzipien ist das Gelände der Zeche Erin umgestaltet worden und wird der Landwehrbach derzeit umgebaut. Diese Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung zeigt auch ein Film, der auf der Tagung zu sehen ist (siehe Video auf Youtube: https://youtu.be/peoGVdcBBXQ).

Leben in den Städten 2040
Um eine Zukunftsvision ging es am ersten Tag auch beim Vortrag von Prof. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Unter der Überschrift „So möchte ich 2040 leben“ erzählte Uli Paetzel von seiner persönlichen Vorstellung: „Viele begrünte Dächer und Fassaden in den versiegelten und dicht besiedelten Innenstädten und Quartieren des Ruhrgebiets sorgen für Frischluft und Kühlung in den Hitzesommern. Bei Starkregen gibt es genügend Flächen, wo das Wasser versickern kann, Straßenüberflutungen aufgrund von überlasteten Kanälen gehören der Vergangenheit an.“ In der Zukunftsinitiative Klima.Werk arbeiteten Emschergenossenschaft und Städte gemeinsam mit dem Land seit vielen Jahren an der Realisierung dieser Ziele, so Uli Paetzel weiter. „Trotzdem brauchen wir weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Unternehmen, bei Wohnungsbaugesellschaften, in der Politik, bei Bürgerinnen und Bürgern.“ Fördergelder seien vorhanden, doch Bund und Land müssten sich klar darüber sein, dass weitere Investitionen notwendig seien.

Lebenswerte Straßenräume für Menschen
Impulse erhalten die Teilnehmer*innen des Expertenforums – Stadt- und Raumplaner*innen, Tiefbau-Ingenieur*innen oder Wasserwirtschaftler*innen – am zweiten Tag ebenfalls von dem niederländischen Streetologen (Stadtwanderer) Pim van den Berg. Der Fotograf stellt seine Überlegungen zu lebenswerten Straßenräumen vor, in denen Menschen sich wohlfühlen können. Dazu gehört zum Beispiel, dem Auto weniger Platz einzuräumen.

Die Herausforderungen des Klimawandels aus ethischer Perspektive beleuchtete Prof. Dr. Fabian Schuppert von der Universität Potsdam am ersten Tag der Tagung. Klimaanpassung sei nicht nur ein technologisches Problem, sondern müsse Hand in Hand mit gerechter Klimatransformation gedacht werden – zum Beispiel mit Blick auf Bürgerinnen und Bürger in benachteiligten Quartieren.

Wie junge Menschen sich die Städte der Zukunft wünschen, davon berichtet Henrike Rodermund von der Local Conference of Youth, der Klimakonferenz für Deutschland, an Tag zwei des Expertenforums.

Exkursionen zu Best-Practice-Beispielen
Voneinander lernen und miteinander planen konnten die Fachleute von Städten und Emschergenossenschaft bei Workshops und Exkursionen zu Best-Practice-Beispielen in Castrop-Rauxel (Zeche Erin) und in der Nachbarschaft (naturnahe Regenwasserbewirtschaftung am Prosper Hospital in Recklinghausen, der klimagerechte Parkplatz in Herne, Regenwasserabkopplung beim Schulzentrum Westenfeld in Bochum).

Das Expertenforum 2023 findet in Duisburg statt. Den Staffelstab übergibt Michael Werner, Vorstand EUV Stadtbetrieb Castrop-Rauxel, am Ende des Expertenforums an Uwe Linsen, Vorstand der Wirtschaftsbetriebe Duisburg. 

Weitere Stimmen:

Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand von Emschergenossenschaft und Lippeverband: „Wasser mehr Raum geben in den Städten, grüne Infrastrukturen ausbauen: Wir haben die Lösungen, um den nicht mehr umkehrbaren Folgen des Klimawandels wirksam zu begegnen. Bei der Umsetzung sind alle mit ihren Flächen – Städte, Unternehmen, Privathaushalte – gefragt.“

Michael Werner, Vorstand Stadtbetrieb Castrop-Rauxel (EUV): „Die Zukunftsinitiative Klima.Werk ist für alle Partner im Netzwerk ein großer Mehrwert für unser gemeinsames Ziel: Die Städte runterzukühlen und gegen Extremwetter zu wappnen. Das Expertenforum ist dabei ein wichtiges Familientreffen für uns.“

Andreas Giga, Leiter der Serviceorganisation der Zukunftsinitiative Klima.Werk bei der Emschergenossenschaft: „Wir verstehen uns als zentraler Anker für die Städte, um die Aufgabe der Transformation des Ruhrgebiets zu einer klimaresilienten Region gemeinsam umzusetzen.“

Die Zukunftsinitiative Klima.Werk
In der Zukunftsinitiative Klima.Werk arbeiten Emschergenossenschaft und Emscher-Kommunen zusammen an einer wasserbewussten Stadt- und Regionalentwicklung, um die Folgen des Klimawandels abzumildern und die Lebensqualität in den Quartieren zu steigern. Der grün-blaue Umbau startete 2005 mit der Zukunftsvereinbarung Regenwasser (ZVR) und entwickelte sich 2014 zur Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ weiter, jetzt Zukunftsinitiative Klima.Werk.

Unter dem Dach des Klima.Werks wird das Ruhrkonferenz-Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt, an dem sich seit 2020 alle Wasserverbände der Region beteiligen. Die Förderkulisse des Projekts umfasst das Gebiet des Regionalverbandes Ruhr (53 Städte und Gemeinden). In den klimafesten Wandel sollen bis 2030 rund 250 Millionen Euro investiert und in ausgewiesenen Gebieten 25 Prozent der befestigten Flächen abgekoppelt und die Verdunstungsrate um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Die Serviceorganisation der Zukunftsinitiative bei der Emschergenossenschaft setzt mit den Städten die Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung um. Dazu gehören zum Beispiel Dach- und Fassadenbegrünungen, die Entsiegelung von Flächen, das Anlegen von unterirdischen Speichern (Rigolen) oder die Schaffung von Versickerungsflächen für Regenwasser. Weitere Informationen (auch zu Förderung von Projekten) auf www.klima-werk.de