Lippeverband sorgt mit Initiative für mehr Biodiversität

Knabenkraut und Gabel-Azurjungfer – Regenrückhaltebecken in Unna ist rettender Hotspot

Unna. Das Regenrückhaltebecken „Unna-Schlosserstraße“ des Lippeverbandes hat sich zu einem artenreichen Kleinbiotop entwickelt: Dort wächst eine Art des Breitblättrigen Knabenkrautes, eine selten gewordene Orchidee. Doch nicht nur Pflanzen gedeihen hier prächtig. Die Anlage, die bei Starkregen Wasser sammelt, bietet auch über 30, teils gefährdeten, Libellenarten einen selten gewordenen Lebensraum. Eine von ihnen ist die Gabel-Azurjungfer.

„In Kooperation mit dem Naturschutzbund NABU setzen wir uns mit unserer Biodiversitätsinitiative gegen den Rückgang der Artenvielfalt ein. Bestände wie in Unna zeigen, welch wichtiges Potenzial wasserwirtschaftliche Anlagen bieten und, dass sie einen aktiven Beitrag zum Naturschutz leisten“, so Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes.

„Das Breitblättrige Knabenkraut, übrigens Orchidee des Jahres 2020, steht auf der bundesweiten Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen. Aus diesem Grund sind der Erhalt und die Förderung der Orchideenbestände am Regenrückhaltebecken in Unna besonders wichtig“, weiß Bernd Margenburg vom NABU-Kreisverband Unna. 2004 wurde die seltene Orchideengattung erstmals an der Anlage in Unna durch den NABU nachgewiesen und seitdem entwickeln sich die Knabenkraut-Bestände dort gut.

Die Feuchtgebietspflanze blüht üblicherweise in Sumpfgebieten, auf Nasswiesen und -weiden sowie an Gewässerufern. Im Ruhrgebiet ist das Knabenkraut auch in Bergsenkungsgebieten anzutreffen. Doch warum hat es die kräftig violett blühende Pflanze oft schwer? „Durch Düngung und Trockenlegung von Flächen und nicht angemessene Beweidungsformen hat die Orchidee in der Vergangenheit viele ihrer ursprünglichen Lebensräume verloren. Zusätzlich wird die Pflanze durch die Folgen des Klimawandels wie beispielsweise Trockenheit während ihrer Blühzeiten gefährdet“, erläutert Stefanie Reuter, Landschaftsarchitektin beim Lippeverband.

Lebensraum für zahlreiche Libellenarten
Die vielseitigen Strukturen und die gute Wasserqualität durch Reinwasserzuläufe fördern aber nicht nur die Flora, sondern auch die Fauna am Regenrückhaltebecken in Unna. Es bietet unter anderem über 30 Libellenarten einen Lebensraum – darunter sogar mehrere gefährdete Arten von Klein- und Großlibellen wie die Gabel-Azurjungfer und die Große Moosjungfer. So hat sich das Regenrückhaltebecken in den vergangenen Jahren zum rettenden Hotspot für gefährdete Arten im Lippe-Gebiet entwickelt. Um die Anlage auch als Biotop weiter zu erhalten und die vorhandenen Bestände zu schützen, ist eine gezielte Pflege der Anlage erforderlich. In Zusammenarbeit mit dem NABU führt der Lippeverband eine gezielte Reduzierung der Schilfbestände durch, damit ein Teil der Wasserfläche für die Libellen frei bleibt. Eine weitere Maßnahme ist die gezielte Eindämmung der Goldrute, einem Konkurrenten des Knabenkrauts.  

Kontrollierter Wildwuchs nicht überall möglich
Dabei ist „kontrollierter Wildwuchs“ nicht an allen wasserwirtschaftlichen Anlagen möglich. Insbesondere bei Deichen ist es gesetzlich vorgeschrieben, das Gras kurz zu halten und regelmäßig zu mähen. Nur so können Schäden am Deichkörper oder -fuß frühzeitig erkannt werden. Hier geht Hochwasserschutz vor.

Hintergrund: Die Biodiversitätsinitiative
Der drastische, weltweite Rückgang der Artenvielfalt ist besorgniserregend. Der negativen Entwicklung wollen die sondergesetzlichen Wasserwirtschaftsverbände Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) entgegenwirken und die Biodiversität an Gewässern und auf verbandseigenen Anlagen weiter stärken.

Der ökologische Gewässerumbau in den Gebieten von Emscher und Lippe, die nachhaltige Nutzung vieler wasserwirtschaftlicher Anlagen und das gezielte Wiederansiedeln von verschiedenen, selten gewordenen Fischarten sind nur einige Beispiele für bereits laufende Maßnahmen. 

Biodiversität ist ein Kernbestandteil des Programms „Lebendige Gewässer“, das im Emscher- und Lippe-Gebiet an Gewässern wie Auen sehr erfolgreich umgesetzt wird. Der Gewässerumbau wird dazu seit vielen Jahren durch ein intensives Monitoring begleitet, das z. B. die Entwicklung der gewässertypischen Fauna und Flora, darunter auch seltene oder gefährdete Arten, beobachtet.

Insgesamt hat sich beispielsweise im Zuge der ökologischen Verbesserung der Emscher seit rund 30 Jahren die Artenzahl gewässerlebender wirbelloser Tiere im Emscher-Gebiet etwa verdreifacht.

Durch das Programm „Lebendige Lippe“ schaffen EGLV neue Habitate für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Dadurch ist an der Lippe die Biodiversität erheblich gestiegen – ein herausragendes Projekt ist die renaturierte Lippe-Mündung in Wesel mit mehr als 600 nachgewiesenen Tier- und 425 Pflanzenarten.

Die Artenvielfalt wird außerdem indirekt auch durch die Verbesserung der Wasserqualität, d. h. die Ertüchtigung der Reinigungsleistung der Klär- und Regenwasserbehandlungsanlagen, gefördert.

Anlagen in Unna
Der Lippeverband betreibt in Unna 2 Kläranlagen, ein Pumpwerk und 10 Sonderbauwerke wie Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken und rund 12,5 Kilometer Kanäle. Außerdem unterhält der Verband in Unna rund 8,3 Kilometer Wasserläufe.

Der Lippeverband
Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt.

Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de