Kein Abwasser mehr im Dattelner Mühlenbach und Dümmerbach

Lippeverband schließt Kanalarbeiten in Oer-Erkenschwick und Datteln ab

Datteln/Oer-Erkenschwick. Fast 100 Jahre lang floss Abwasser durch den Dattelner Mühlenbach und Teile seiner Nebenläufe – bergbaubedingt. Damit ist Schluss! Als letzten Abschnitt hat der Lippeverband jetzt den Kanal am Dümmerbach fertiggestellt. „Das Gewässersystem, das über den Dattelner Mühlenbach in die Lippe mündet, ist nun frei von Abwasser! Wichtig für die Natur, aber auch für die Lebensqualität der Menschen in Datteln und Oer-Erkenschwick“, so Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes.

Lippeverband investiert 120 Millionen Euro

Seit Ende der 1980er-Jahre wurde die Entflechtung des Abwassersystems Dattelner Mühlenbach in Datteln und Oer-Erkenschwick auf einer Länge von insgesamt 13 Kilometern geplant und durchgeführt. Gebaut wurden Kanäle entlang des Westerbaches, Steinrapener Baches, Dümmerbachs und Dattelner Mühlenbaches aber auch verschiedene Anlagen zur Hochwassersteuerung. Die Entflechtung, also die Trennung von Kanal und Bachlauf, setzte der Lippeverband seit 2005 gemeinsam mit den Kommunen um. Kostenvolumen – rund 120 Millionen Euro.

„Überirdische Abwasserführung ist eine Besonderheit im Ruhrgebiet und zum Glück bald Geschichte. Die Beseitigung der letzten offenen Schmutzwasserläufe ist ein wichtiger Schritt, der das Bild des Ruhrgebiets verändert und von dem die Menschen in der gesamten Region profitieren“, bekräftigte Bodo Klimpel als Ratsvorsitzender des Lippeverbandes.

„Wenn ein kilometerlanges unterirdisches Kanalsystem neben einem Gewässer verlegt wird, dann geht das nicht spurlos am Alltag der Bürgerinnen und Bürger vorbei, sondern ist ein großer Eingriff in die städtische Infrastruktur“, sagte Bürgermeister André Dora. „Deshalb danke ich den Menschen vor Ort für ihre Geduld.“ Am Dümmerbach, wo die Arbeiten zuletzt liefen, grenzten die Gärten der Anlieger teilweise direkt an das Gewässer. Dora: „Ist doch klar, dass man dabei nicht unbedingt in der ersten Reihe sitzen möchte. Ich denke aber, dass sich die, die die Arbeiten jahrelang miterlebt haben, sich so langsam auch auf ein renaturiertes Gewässer und Blaue Klassenzimmer freuen.“ Coronabedingt musste die Bürgerbeteiligung für den Lernort am Wasser allerdings auf 2021 verschoben werden.

Westerbach und Steinrapener Bach seit 2017 sauber

Über sauberes Wasser im Bach freuen sich die Oer-Erkenschwicker bereits seit 2017. 2015 hatte der Lippeverband dort mit dem Bau der geschlossenen Abwasserkanäle auf einer Länge von 3,7 Kilometern begonnen. Für den Kanalbau am Westerbach und Steinrapener Bach hatte der sondergesetzliche Wasserwirtschaftsverband rund 24 Millionen Euro in die Hand genommen. „Jetzt kann die Renaturierung des Gesamtsystems erfolgen. In diesem Zuge entstehen neue Radwege entlang des Westerbaches – ein toller Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger“, fasste Carsten Wewers, Bürgermeister der Stadt Oer-Erkenschwick, zusammen.

Lösungen im engen Schulterschluss mit den Kommunen

Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand des Lippeverbandes, betonte, dass neben den ökologischen Aspekten auch ein verbesserter Hochwasserschutz Hintergrund für die Maßnahme gewesen sei: „Seit Mitte der 1990er-Jahre haben wir darum neben dem großen Hochwasserrückhaltebecken an der Stemmbrückenstraße für den innerstädtischen Bereich, mit einem Volumen von 130.000 Kubikmetern, schrittweise drei Stauraumkanäle, ein Regenrückhaltebecken und zwei Pumpwerke gebaut.“ Auch Herausforderung haben man im engen Schulterschluss mit den Kommunen gelöst.

Noch leitet der Lippeverband das Wasser aus dem Dattelner Mühlenbach durch die Kläranlage, bis alle Verunreinigungen der Restsedimente geklärt sind. Zukünftig fließt das saubere Wasser dann direkt durch in die Lippe. Für die Kläranlage auch eine wirtschaftliche Entlastung, da sauberes Wasser nicht mehr „mitgereinigt“ wird.

Beton raus, Natur rein!

Nun ist der Bach wieder sauber, das Abwasser fließt im unterirdischen Kanal. Wann der Lippeverband mit der ökologischen Verbesserung des Gewässersystems starten kann, ist allerdings noch unklar. Die Genehmigung für die Umgestaltung und Fördermittel sind beantragt. Dann entfernt der Lippeverband die Betonsohlschalen und gestaltet den Flusslauf – unter anderem im Bereich „An der Hagemer Binsenweide“ und hinter dem Zechenbahndamm, wird das Gewässer aufgeweitet, um Tieren und Pflanzen mehr Raum zu bieten. Für die ökologische Verbesserung der Bachläufe sind voraussichtlich rund 24 Millionen Euro angesetzt.

Wie grün und ursprünglich sich der renaturierte Bach entwickeln kann, ist schon jetzt am 500 Meter langen Mündungsbereich vor der Lippe deutlich zu sehen. Im Rahmen des NRW-Programms Lebendige Lippe konnte die Renaturierung hier schon stattfinden. Der große Rest folgt…

Daten & Fakten

  • Baukosten ca. 120 Mio. €
  • 13 Kilometer Kanal, Durchmesser zwischen 60 cm und 3 Metern
  • Hochwasserrückhaltebecken Stemmbrückenstraße mit 130.000 m³
  • Stauraumkanal Alte Hagemer Landstraße mit 12.800 ³ u.
  • Regenrückhaltebecken mit 27.800 m³
  • Stauraumkanal Hagemer Kirchweg mit 2800 m³
  • Stauraumkanal Wiesenstraße mit 1800 m³
  • Pumpwerk Beisenkamp
  • Pumpwerk Höttingstraße

Lippeverband

Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt.

Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de