Hoppeibach in Hamm: Gewappnet für ein tausendjähriges Hochwasser
Umfangreiche Verbesserung des Hochwasserschutzes infolge des Extremwetterereignisses von 2014

Hamm. Der Lippeverband hat den Hoppeibach am Dienstag in sein neues Bett umverlegt. Das Gewässer fließt nun innerhalb des neuen Hochwasserrückhaltebeckens im Bereich der Straße Deutzholz in Hamm-Herringen. Damit findet ein Hochwasser-Großprojekt seinen Abschluss: In achtjähriger Bauzeit wurden zwei Pumpwerke und das große Hochwasserrückhaltebecken mit einem Fassungsvermögen von 34 Millionen Litern gebaut, ein Bachlauf verlegt und die Fließrichtung des Gewässers umgekehrt! Das Ergebnis: Die Wohnsiedlung an der Hoppeistraße ist nun vor einem Hochwasser geschützt, wie es statistisch betrachtet nur einmal in 1.000 Jahren auftritt.
Bergbaubedingt ist die Gegend rund um die Hoppeistraße und der ehemaligen Zeche Heinrich Robert ein sogenanntes Poldergebiet – bis zu 18 Meter wurde der Boden dort infolge des Kohleabbaus abgesenkt. „Der Bereich ist damit im besonderen Maße hochwasser- und starkregengefährdet – was die Anwohner*innen zuletzt 2014 schmerzlich erfahren mussten, als ein Hochwasser mit 200-jähriger Wahrscheinlichkeit das Poldergebiet flutete, Keller vollliefen und in der Hoppeistraße ein Fortbewegen nur noch mit Schlauchbooten möglich war“, sagt Marc Herter, Oberbürgermeister der Stadt Hamm: „Gut, dass wir da jetzt eine dauerhafte Lösung haben.“
Als Reaktion auf dieses Extremwetterereignis wurden als Sofortmaßnahme sogenannte Big Bags zum Schutz der Siedlung aufgestellt. „Zum anderen begannen wir als Lippeverband mit den umfangreichen Planungen zur Erhöhung des Hochwasserschutzes von der gesetzlich vorgeschriebenen 100-jährigen auf eine 200-jährige Wahrscheinlichkeit“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes.
Das nun fertiggestellte Hochwasserrückhaltebecken (HRB) hat ein Fassungsvermögen von 34 Millionen Liter Wasser – das entspricht etwa der Füllung von rund 280.000 Badewannen. Der Hoppeibach wurde in ein neues Gewässerbett umverlegt, sodass er nun durch das HRB fließt. So kann nun der frühere Bachlauf von der Hoppeistraße bis zur Fangstraße stillgelegt werden. „Konkret bedeutet das: Im Bereich der bisher größten Hochwassergefährdung – direkt an der Wohnsiedlung – fließt kein Bachwasser mehr. Ab der Fangstraße wird die Fließrichtung des Baches umgekehrt, sodass dort die aus dem Stauraumkanal Fangstraße abgeschlagenen Wassermengen in das HRB geführt werden können“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand des Lippeverbandes. Der provisorische Schutz durch die Big Bags kann somit nach dem Abschluss aller Maßnahmen, voraussichtlich 2026, abgebaut werden.
Klimawandel führt zu Planänderung
Mehrere Starkregenereignisse in Hamm in den Jahren 2021 bis 2024 verdeutlichten jedoch, dass der Klimawandel einen weiteren Ausbau des Hochwasserschutzes erfordert. In Absprache mit der Stadt Hamm entschied der Lippeverband daher, noch während der laufenden Baumaßnahme den Schutz auf eine 1.000-jährige Wahrscheinlichkeit zu erhöhen. Dies gelang durch eine relativ leichte Anpassung: Der sogenannte Notüberlauf des Hochwasserrückhaltebeckens wurde 20 Zentimeter höher gestaltet als ursprünglich geplant. „Diese Ausführung konnte unproblematisch und kostenneutral umgesetzt werden, denn es wurde schlicht weniger Boden für die sogenannte Überlaufschwelle abgetragen“, erklärt Dr. Obenaus.
Beim Bau des HRB wurden über 100.000 Kubikmeter Boden ausgehoben. Dies entspricht knapp 11.000 Transportfahrten, allerdings hatten diese keinen weiten Weg: Der Boden wurde in der direkt benachbarten Halde Sundern der RAG verbaut. „Darüber freuten sich die Umwelt und die Anwohner*innen, da keine Transporte über öffentliche Straßen und durch das Wohngebiet notwendig waren“, sagt Oberbürgermeister Marc Herter.
In den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens investierte der Lippeverband zirka zwei Millionen Euro. „Die Kosten für die Optimierung des Hochwasserschutzes am Hoppeibach wurden vollständig von uns, der RAG, übernommen, da es sich um bergbaubedingte Wiederherstellungsmaßnahmen handelt. Auf diese Weise leisten wir einen aktiven Beitrag zur ökologischen Umgestaltung der Region und übernehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung für die ehemals als offene Schmutzwasserläufe genutzten Bäche“, sagt Marcel Tiedeken, Prokurist der RAG Aktiengesellschaft.
Mit der ökologischen Verbesserung des Hoppeibaches beginnt der Lippeverband im kommenden Jahr. Dabei werden u.a. zwei Retentionsbecken gebaut, die dann im Hochwasserfall gemeinsam mit dem schon fertiggestellten Regenrückhaltebecken am Pumpwerk Bocksheideweg nochmal 5.400 Kubikmeter zurückhalten können. Die Arbeiten zur ökologischen Verbesserung sollen planmäßig bis 2028 abgeschlossen werden. Der Lippeverband wird über die weiteren Planungen informieren.
Der Lippeverband
Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de