Hochwasserschutz im Einklang mit der Natur

Lippeverband leistet mit Hochwasserrückhaltebecken Bönen Beitrag zum Artenschutz

Bönen. Von eintönigem Ackerland zum Hot-Spot der Artenvielfalt: Das Hochwasserrückhaltebecken in Bönen, das im Rahmen der Renaturierung der Seseke errichtet wurde, hat eine Erfolgsgeschichte zu verschreiben, die über die Sicherung des Hochwasserschutzes hinausgeht. Die Integration von Maßnahmen für eine ökologische Verbesserung bei der Planung des Rückhaltebeckens haben aus der Fläche am Schwarzen Weg in Bönen eine Oase der Artenvielfalt geschaffen, denn zahlreich haben sich hier verschiedene Tier- und Pflanzenarten angesiedelt.

Gunnar Jacobs, Artenschutzexperte des Lippeverbandes und Verantwortlicher für das Pflegekonzept des Rückhaltebeckens, freut sich über den Erfolg: „Es ist unser Ziel, Hochwasser- und Artenschutz gemeinsam zu denken, um den bestmöglichen Mehrwert für die Natur und den Menschen zu erzielen.“ Dafür fördert der Lippeverband mit Hilfe eines angepassten Pflegekonzepts gezielt die Strukturvielfalt, so dass hier ein Mosaik aus unterschiedlichen Landschaftselementen entstanden ist: Offene Wiesenflächen mit einzelnen Bäumen, Sumpfgebiete gesäumt von Röhrichtgräsern, offene Wasserflächen, Hochstaudenflure und kleine Gehölzgruppen reihen sich hier in dichter Abfolge aneinander.

Artenvielfalt dank angepasstem Lebensraum
Die vielfältigen Biotoptypen bieten Lebens- und Rückzugsraum für die unterschiedlichsten Arten. Während sich selten gewordene Brutvögel, wie Sumpfrohrsänger und Feldschwirl in den Hochstaudenfluren wohlfühlen, nutzen der Kiebitz und zahlreiche Wasser- und Feuchtwiesenvögel die offenen Überschwemmungsflächen. Auch Gastvögel aus der Umgebung und Durchzügler auf dem Weg zu ihren Brut- oder Überwinterungsgebieten finden durch die offenen Strukturen gute Nahrungsflächen und Rastmöglichkeiten. Mit geschultem Auge und Fernglas können Naturinteressierte die Tiere vom Weg aus sicher beobachten.

Im Rahmen einer Initiative für die Biodiversität hat sich der Lippeverband den Schutz selten gewordener Lebensräume und gefährdeter Tiere auf die Fahne geschrieben. Unter ihnen befindet sich auch der Steinkauz. Aufgrund intensiver Landwirtschaft und Rodungen haben Steinkäuze ihre natürlichen Nahrungsgründe und Brutplätze verloren. Einzelne Bäume und Streuobstwiesen zum Nisten sowie weitläufige, extensive Wiesen und Weiden für die Jagd werden immer seltener. Wie so viele heimische Arten können Steinkäuze kaum noch beobachtet werden und sind auf der Roten Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten als „stark gefährdet“ eingeordnet. Um die Bestände zu fördern, nutzt der Lippeverband nun die naturnahen offenen Strukturen und Gehölze des Hochwasserrückhaltebeckens und installiert zwei in der hauseigenen Tischlerei angefertigte Nistkästen. Die Kästen sind in Maß und Form ideal für die Bedürfnisse des kleinen Eulenvogels und können den nachtaktiven Jägern somit zukünftig ein neues, geschütztes Heim bieten.

Lippeverband verbindet Hochwasser- und Artenschutz
Doch das Hochwasserrückhaltebecken ist nur ein Beispiel dafür, wie der Lippeverband Hochwasser- und Artenschutz miteinander vereint. Dafür erhalten ökologische Maßnahmen bereits bei der Planung dieser Schutzräume einen hohen Stellenwert. Täglich unternimmt der umweltbewusste Wasserwirtschaftsverband weitere Schritte in Richtung mehr Artenvielfalt in unserer Region.

Hintergrund: die Biodiversitätsinitiative
Der drastische, weltweite Rückgang der Artenvielfalt ist besorgniserregend. Der negativen Entwicklung möchte der Lippeverband entgegenwirken und die Biodiversität an Gewässern und auf verbandseigenen Anlagen weiter stärken. Der ökologische Gewässerumbau im Lippe-Gebiet, die nachhaltige Nutzung vieler wasserwirtschaftlicher Anlagen und das gezielte Wiederansiedeln von verschiedenen, selten gewordenen Fischarten sind nur einige Beispiele für bereits laufende Maßnahmen. Biodiversität ist ein Kernbestandteil des Programms „Lebendige Gewässer“, das im Lippe-Gebiet an Gewässern wie Auen sehr erfolgreich umgesetzt wird. Der Gewässerumbau wird dazu seit vielen Jahren durch ein intensives Monitoring begleitet, bei dem die Entwicklung der gewässertypischen Fauna und Flora, darunter auch seltene oder gefährdete Arten, genau beobachtet wird.

„Lebendige Lippe“
Durch das Programm „Lebendige Lippe“ schafft der Lippeverband gemeinsam mit dem Land NRW neue Habitate für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Dadurch ist an der Lippe die Biodiversität erheblich gestiegen: Ein herausragendes Projekt ist die renaturierte Lippe-Mündung in Wesel mit mehr als 600 nachgewiesenen Tier- und 425 Pflanzenarten. Die Artenvielfalt wird außerdem indirekt auch durch die Verbesserung der Wasserqualität, d. h. die Ertüchtigung der Reinigungsleistung der Klär- und Regenwasserbehandlungsanlagen, gefördert.

Der Lippeverband
Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de