Hamms größtes Ei steht an der Radbodstraße…

Ostereier oder Parfümflakon? Nein, es ist nur ein Faulbehälter!

Schlammbehandlungsanlage an der Radbodstraße. Foto: Klaus Baumers/EGLV

Hamm. Es ist wieder soweit: Die jährliche Suche nach schönen, bunten Ostereiern geht bald los. Nach dem wohl größten Osterei in Hamm allerdings muss…

Hamm. Es ist wieder soweit: Die jährliche Suche nach schönen, bunten Ostereiern geht bald los. Nach dem wohl größten Osterei in Hamm allerdings muss man gar nicht lange suchen: Riesig und nachts grün beleuchtet steht es 25 Meter hoch auf dem Gelände der Schlammbehandlung des Lippeverbandes an der Radbodstraße!

Der Faulbehälter hat ein Fassungsvermögen von 4000 Kubikmeter. Das „Ei“ ist 25 Meter hoch und stammt aus dem Jahr 2000. Wenn es hell in der Dunkelheit leuchtet, erinnert der Faulbehälter ein bisschen an eine Raumschiffstation. Zu Ostern verwandelt es sich wiederum in ein überdimensionales Osterei. Und ist man mit seiner Nase nicht gerade auf einer Klärschlammbehandlung, sondern ganz weit weg, könnte man glatt an ziemlich große Parfümflakons denken. Nun, Parfüm jedoch ist in dem Behälter keineswegs zu finden, auch wenn dies das Geruchserlebnis bestimmt wesentlich angenehmer gestalten könnte.

Doch warum sehen Faultürme überhaupt wie überdimensionierte Eier aus? Hauptsächlich wirtschaftliche Beweggründe führten zu der praktischen ovalen Form. Denn in Faultürmen wird der bei der Abwasserklärung gewonnene Klärschlamm erhitzt und umgewälzt, um den Faulprozess zu beschleunigen. Riesige Schraubenschaufler dienen dazu, eine Strömung von oben nach unten zu erzeugen.

Und hier erwies sich die Ei-Form als günstig, da nur ein einziger Schaufler benötigt wird (in einem Faulbehälter mit flachen Grund oft mehrere). In der typischen Ei-Form konnte diese Umwälzung eine gleichmäßige Temperaturverteilung erzeugen und Ablagerungen des Schlammes vermieden werden. Ähnlich funktioniert dies übrigens im Alltag beim Umrühren eines Kuchenteigs in einer Schüssel – die ist ja auch nicht eckig… Die Ei-Form ist zudem unempfindlich gegen Rissbildung bei Bergsenkungen, wie sie in der Region früher häufiger vorkamen. So konnte man zum Teil sehr große und hohe Faultürme bauen, ohne sie tief in die Erde einlassen zu müssen. Neben der oben genannten Einsparung von Maschinen wie dem Schaufler führte auch dies zu weiteren Kosteneinsparungen.

Nicht zu vergessen ist natürlich die Frage der Optik. In den 50-er Jahren hatte man die technischen Möglichkeiten, Schalungen für solche Formen zu planen und erfolgreich einzusetzen und so kam die Ei-Form in Mode. Heute geht es bei der Formwahl beim Bau eines neuen Faulturms auch um die Abmilderung des doch recht massiven Eingriffs ins Landschaftsbild.

Hintergrund:

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der Ingenieur Dr. Karl Imhoff für die Emschergenossenschaft den so genannten „Emscherbrunnen“: ein lang gestrecktes Becken, durch welches das Schmutzwasser langsam floss und sich Schwebstoffe und Schlämme absetzen konnten und in einen unterhalb liegenden Schlammbrunnen gelangten. Er experimentierte sowohl mit einer zylindrischen Form mit flachem Boden als auch mit einer Ei-Form und befand beide für gut. Zunächst entschied man sich für die einfacher zu bauende zylindrische Form mit flachem Boden, bevor in den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts die Ei-Form dazukam.