Fledermäuse beziehen Quartier an der Müllverbrennungsanlage

Initiative für Biodiversität in der Stadt. Serviceorganisation bei der Emschergenossenschaft vermittelt Nistkästen

Oberhausen/Essen. Dem grau-grünen Kasten aus Holzbeton sieht man es nicht an, aber die Zwergfledermaus könnte ihn schon bald als neues Zuhause wählen. Das Fassaden-Quartier wird auf dem Gelände der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage Niederrhein (GMVA) in Oberhausen hängen und soll zu mehr Artenvielfalt in der Stadt beitragen. Vermittelt hat die tierische Unterkunft die Serviceorganisation der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ bei der Emschergenossenschaft in Essen.

Dächer und Fassaden begrünen, Mulden zur Regenwasserversickerung schaffen oder Flächen entsiegeln: Zusammen mit den Städten setzt die Serviceorganisation bei der Emschergenossenschaft unter dem Dach der Zukunftsinitiative das Ruhrkonferenz-Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ um. Ziel: Die Region fit zu machen für die Folgen des Klimawandels. Die Maßnahmen zur Klimaanpassung sollen auch dazu genutzt werden, die biologische Vielfalt in der Stadtnatur zu fördern und Lebensräume für Fledermäuse, Vögel oder Insekten zu schaffen.

So wie jetzt auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage in Oberhausen. Zusammen mit der Serviceorganisation hat die GMVA Fassaden und Dächer begrünt – mit 240.000 Euro finanziert aus dem Fördertopf der „Klimaresilienten Region“ des Landes. Die jetzt angebrachten Kästen für Zwergfledermäuse und ein Nistkasten für Kohlmeise, Haus- und Feldsperling sollen Tieren einen Unterschlupf oder Brutplatz bieten, den sie häufig in ihrer natürlichen Umgebung nicht mehr finden: Weil es zum Beispiel die ungedämmten Dachstühle nicht mehr gibt, in denen sich Fledermäuse wohl fühlen. Oder weil Bruthöhlen fehlen, da es immer weniger alte Bäume gibt, in denen der Specht solche Unterkünfte zimmern könnte.

Mehr Biodiversität in der Stadtnatur
GMVA-Geschäftsführerin Dr. Angela Sabac-el-Cher freut sich jedenfalls, dass auf der Anlage Tiere ein Zuhause finden können – gerade auch die unter Artenschutz stehenden Fledermäuse. „Zusammen mit den Kästen für Fledermäuse und Vögel ergibt sich ein rundes Bild“, sagt Dr. Angela Sabac-el-Cher. Zum Engagement der GMVA für mehr Biodiversität in der Stadtnatur gehören neben den Gründächern, grünen Fassaden und den neuen Quartieren auch eine Wildblumenwiese, ein Bachlauf mit Teich, verschiedene Bäume und Bienenstöcke auf dem eigenen Gelände.

Die Fledermauskästen und das Vogelhäuschen hat das Bildungszentrum für die Ver- und Entsorgungswirtschaft (BEW) in Essen zur Verfügung gestellt. Der gemeinnützige Anbieter von Aus- und Weiterbildungen zum Thema Umwelt und Klimaschutz ermöglicht seinen Dozenten, ihr Honorar in eine Spende umzuwandeln, um die tierischen Quartiere anzuschaffen. „Daraus ergibt sich ein direkter Nutzen für die Stadtnatur“, begründet BEW-Marketingleiter Daniel Scholten die Idee.

ZI-Serviceorganisation vermittelt Standorte
Rund 25 Fledermaus- und Nistkästen hat das BEW der Serviceorganisation bei der Emschergenossenschaft übergeben, die die Kästen nun an die Klimaanpassungsprojekte in den Städten weitergibt. „Die Stärkung der Biodiversität ist ein Stückwerk aus vielen Einzelmaßnahmen. Durch unser breites Netzwerk mit Kommunen und Gewerbe im Rahmen der Zukunftsinitiative können wir geeignete Standorte vermitteln“, erklärt Andreas Giga, Leiter der Zukunftsinitiative bei der Emschergenossenschaft. Wer ebenfalls Nistkästen und Unterkünfte für Fledermaus & Co. Zur Verfügung stellen möchte, kann sich bei Andreas Giga melden (giga.andreas@eglv.de), die Serviceorganisation vermittelt die Kästen weiter an ihre Projekte in den Städten.

Die Serviceorganisation ergänzt damit die Biodiversitätsinitiative von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), mit der die sondergesetzlichen Wasserverbände dem drastischen Rückgang der Artenvielfalt entgegenwirken wollen, indem sie die biologische Vielfalt an Gewässern und auf verbandseigenen Anlagen weiter stärken. Der ökologische Gewässerumbau in den Gebieten von Emscher und Lippe, die nachhaltige Nutzung vieler wasserwirtschaftlicher Anlagen und das gezielte Wiederansiedeln von verschiedenen, selten gewordenen Fischarten sind nur einige Beispiele für bereits laufende Maßnahmen. Dazu zählt auch das Anbringen von zahlreichen Nistkästen in den Verbandsgebieten.

Die Zukunftsinitiative
Mit der Zukunftsinitiative (ZI) „Wasser in der Stadt von Morgen“ arbeitet die Emschergenossenschaft (EG) zusammen mit den Städten an einer wasserbewussten Stadt- und Raumentwicklung. Teil der Initiative ist das Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ der Ruhrkonferenz des Landes Nordrhein-Westfalen, an dem sich alle Wasserverbände und Kommunen der Region beteiligen. Die ZI-Serviceorganisation bei der EG setzt mit den Städten Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels um. Diese sollen beispielsweise zur Verdunstung beitragen und so die Umgebungstemperatur kühlen oder Regenwasser von der Kanalisation abkoppeln.

Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz.

Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren prognostizierte 5,38 Milliarden Euro investiert werden. www.eglv.de

Die Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH
Die Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH (kurz GMVA) ist eine der größten Müllverbrennungsanlagen in Deutschland und ein echtes Oberhausener Traditionsunternehmen. 1972 durch den Umbau des Zechenkraftwerks der Concordia Bergbau AG entstanden, sorgt sie seit fast 50 Jahren für eine schnelle, nachhaltige und umweltverträgliche thermische Entsorgung von Abfällen. Die im Abfall enthaltene Energie wird umweltverträglich genutzt und ersetzt durch die Erzeugung von Strom und Fernwärme, fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas und trägt so seit Jahrzehnten zur Ressourcenschonung und Klimaschutz bei. www.gmva.de