Emscher-Auen: Hochwasserrückhaltebecken dient als Rastplatz für Zugvögel

Weltzugvogeltag am Samstag, 8. Mai

Castrop-Rauxel/Dortmund. Das Hochwasserrückhaltebecken "Emscher-Auen" an der Stadtgrenze zwischen Ickern und Mengede schützt die Städte an der Emscher nicht nur vor Überflutungen. Durch eine besondere ökologische Gestaltung, die sich der Synergien zwischen Hochwasser- und Naturschutz bedient, werden im Becken ideale Voraussetzung für das Entstehen einzigartiger Naturräume geschaffen. Auch Zugvögel haben dies erkannt und rasten dort auf ihren Reisen.

Jahrzehntelang wurden die Flächen entlang der Emscher für Besiedlung, Landwirtschaft und Industrie nutzbar gemacht. Tieren und Pflanzen wurden ihre Lebensräume genommen und ganze Ökosysteme zerstört. Im Zuge der Renaturierung des Flusses wurden an vielen Stellen jedoch wieder neue Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten geschaffen und die einstige Auenlandschaft konnte teilweise wiederhergestellt werden. Gerade am Hochwasserrückhaltebecken „Emscher-Auen“ zwischen Ickern und Mengede kann diese Entwicklung beobachtet werden. Eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen haben rund um das Becken ein neues Zuhause gefunden und sogar Zugvögel lassen sich dort nieder, wenn sie aus ihren Winterquartieren zurück in die Brutgebiete ziehen.

Tankstelle auf einer langen Reise
„Es freut uns sehr, dass wir im Zuge unserer Unterhaltungsmaßnahmen gleichzeitig einen Beitrag für die Artenvielfalt und insbesondere für die Zugvögel leisten können“, sagt Guido Petrak von der Betriebsabteilung der Emschergenossenschaft.

„Viele Vögel nutzen das Becken quasi als Tankstelle auf ihrem oft mehrere tausend Kilometer langen Zug in die oft skandinavischen oder sogar sibirischen Brutgebiete“, ergänzt Dr. Erich Kretzschmar vom NABU Dortmund. „Zu den bemerkenswertesten Arten der letzten Wochen gehörten Watvögel wie Dunkler Wasserläufer, Rotschenkel oder Bruchwasserläufer, aber auch Singvögel wie Blaukehlchen und Schilfrohrsänger“, zählt Kretzschmar auf. „Aktuell kann man sogar einen Stelzenläufer beobachten, der kommt allerdings normalerweise im Mittelmeerraum vor.“

Hochwasserrückhaltebecken Emscher-Auen
Seit 2011 baut die Emschergenossenschaft auf den Stadtgebieten in Dortmund-Mengede und Castrop-Rauxel Ickern das größte Hochwasserrückhaltebecken in der Emscher-Region. Aktuell befindet sich das Becken im sogenannten Zwischenzustand – solange bis die Emscher in diesem Jahr abwasserfrei wird. Auf einer Fläche von ungefähr 46 Fußballfeldern (33 ha) können in vier separaten Becken im aktuellen Zustand 0,9 Millionen Kubikmeter zurückgehalten werden. Im vollendeten Zustand, wenn die trennenden Deiche entfernt werden und sich die Emscher wie ein blaues Band durch grüne, feuchte Täler schlängeln darf, wird sich das Rückhaltevermögen auf 1,1 Mio. Kubikmeter erhöhen.

Hintergrund: Biodiversitätsinitiative an Emscher und Lippe
Der drastische, weltweite Rückgang der Artenvielfalt ist besorgniserregend. Der negativen Entwicklung wollen die sondergesetzlichen Wasserwirtschaftsverbände Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) entgegenwirken und die Biodiversität an Gewässern und auf verbandseigenen Anlagen weiter stärken.

Der ökologische Gewässerumbau in den Gebieten von Emscher und Lippe, die nachhaltige Nutzung vieler wasserwirtschaftlicher Anlagen und das gezielte Wiederansiedeln von verschiedenen, selten gewordenen Fischarten sind nur einige Beispiele für bereits laufende Maßnahmen.

Biodiversität ist ein Kernbestandteil des Programms „Lebendige Gewässer“, das im Emscher- und Lippe-Gebiet an Gewässern wie Auen sehr erfolgreich umgesetzt wird. Der Gewässerumbau wird dazu seit vielen Jahren durch ein intensives Monitoring begleitet, das z. B. die Entwicklung der gewässertypischen Fauna und Flora, darunter auch seltene oder gefährdete Arten, beobachtet.

Insgesamt hat sich beispielsweise im Zuge der ökologischen Verbesserung der Emscher seit rund 30 Jahren die Artenzahl gewässerlebender wirbelloser Tiere im Emscher-Gebiet etwa verdreifacht.

Durch das Programm „Lebendige Lippe“ schaffen EGLV neue Habitate für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Dadurch ist an der Lippe die Biodiversität erheblich gestiegen – ein herausragendes Projekt ist die renaturierte Lippe-Mündung in Wesel mit mehr als 600 nachgewiesenen Tier- und 425 Pflanzenarten.

Die Artenvielfalt wird außerdem indirekt auch durch die Verbesserung der Wasserqualität, d. h. die Ertüchtigung der Reinigungsleistung der Klär- und Regenwasserbehandlungsanlagen durch EGLV, gefördert.

Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz.

Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren prognostizierte 5,38 Milliarden Euro investiert werden. www.eglv.de