Dr. Emanuel Grün: Ruhestand nach fast 17 Jahren als Technischer Vorstand

In seine Amtszeit fiel das Erreichen der Abwasserfreiheit in der Emscher, die Fertigstellung der Seseke-Renaturierung und der Bau der weltweit größten Solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage – um nur einige wenige Beispiele zu nennen…

Emscher-Lippe-Region. Nach vier Amtszeiten ist in der vergangenen Woche eine Ära bei Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) zu Ende gegangen: Dr. Emanuel Grün, der langjährige Technische Vorstand der beiden Wasserwirtschaftsverbände, ist nach 17 Jahren im Amt in den verdienten Ruhestand gewechselt. Am Freitag fand im Erich-Brost-Pavillon auf der Zeche Zollverein in Essen seine offizielle Verabschiedung statt. Grüns Abschied bei EGLV wird gekrönt vom erfolgreichen Abschluss des Emscher-Umbaus und der Flutung der neuen Emscher-Mündung in den Rhein. Das Ziel „Abwasserfreie Emscher“ hat der 67-Jährige wie kein Zweiter mit Vehemenz und Nachdruck verfolgt. Dabei hat er die technische Entwicklung der Verbände geprägt und den Weg zum innovativen Nachhaltigkeitsunternehmen bereitet.

„Dass wir das große Generationenprojekt Emscher-Umbau mit dem Erreichen der Abwasserfreiheit pünktlich innerhalb der prognostizierten 30 Jahre abschließen konnten, ist auch dem persönlichen Engagement von Emanuel Grün zu verdanken – eine Meisterleistung“, würdigt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von EGLV, seinen nunmehr ehemaligen Vorstandskollegen. „Für mich persönlich war Emanuel Grün nicht nur ein fachlich hochkompetenter technischer Vorstand, sondern auch ein echter Kollege im besten Wortsinn – eben ein Mensch und Macher!“

Die Situation 2006
Als Dr. Grün am 1. Januar 2006 bei den Verbänden startete, sah die Welt der Wasserwirtschaft noch anders aus. Der gerade abgeschlossene Ausbau der deutschen Kläranlagen zur 3. Reinigungsstufe läutete eine Phase der Entspannung beim Thema Abwasserreinigung ein und auch der erste Bewirtschaftungsplan zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sollte erst in vier Jahren in Kraft treten.

Ganz anders die Situation bei Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV): Hier hatten große Infrastrukturprogramme wie Emscher- und Seseke-Umbau gerade Fahrt aufgenommen. Vom 1992 gestarteten Generationenprojekt war das erste Viertel geschafft und es war an Emanuel Grün und seinem Team, diese Projekte zu vollenden ­– termingerecht und im Kostenrahmen! Dabei wurden Werte geschaffen, von denen EGLV, ihre Mitglieder und die Region noch sehr lange profitieren werden. Heute verfügt das Revier mit der Emscher als zentralem Fluss über eines der modernsten Abwassersysteme Europas, mit der Lippe über ingenieurtechnisch geplante Auen- und Mündungsbereiche, die der Gestaltungskraft der Natur Konkurrenz machen, und mit der Seseke über einen renaturierten urbanen Flusslauf, der die Vorfreude steigen lässt auf alles, was sich in den nächsten Jahren an der Emscher noch entwickeln wird.

Wegweisendes Management
Um den Emscher-Umbau als Unternehmen zu stemmen, bedurfte es einer gewaltigen Weiterentwicklung. Personalressourcen mussten aufgebaut, Projektmanagement, Betrieb und technische Verwaltung auf absolute Effizienz getrimmt werden. Es ist eine der großen Leistungen von Emanuel Grün, dass er dies als Evolution verstanden und konsequent vorangetrieben hat. Heute versteht sich EGLV als modernes, technisch geprägtes Unternehmen mit Gestaltungskompetenz bei infrastrukturellen Großprojekten.

Mit gleicher Konsequenz und enormem Gestaltungswillen hat Grün auch Zukunftsthemen verfolgt: Die Relevanz von allgegenwärtigen Themen wie Digitalisierung oder 4. Reinigungsstufe hat er vor vielen anderen erkannt. Auf diese Erkenntnis vertrauend, initiierte er manch mutige wegweisende Managemententscheidung. So begründet sich der Digitalisierungsvorsprung der Wasserverbände auch auf der branchenweit beachteten Zusammenlegung von Büro- und Betriebs-IT und dem Aufbau eines virtuellen Prozessleitsystems. Sein Verständnis von „Themen verfolgen“ war immer, dass man Grundlagen konzeptionell erarbeiten und daneben reale Pilotprojekte umsetzen muss. Ein Ansatz, der vor allem für den technischen Bereich motivierend war. Mit Kreativität, pfiffigen Ideen und einer dauernden Ungeduld gelang es Dr. Emanuel Grün immer wieder, die Puffer in den Zeitplänen zu finden. Sein Königsstück war der Bau der weltweit größten Solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage in Bottrop in einem Zeitraum von weniger als zwei Jahren!

Stimmen der beiden Ratsvorsitzenden
„Die Energieautarkie am Standort der Großkläranlage Bottrop ist in erster Linie der Verdienst von Dr. Emanuel Grün. Er hat das Projekt Hybridkraftwerk Emscher maßgeblich vorangetrieben und steht damit für die ganz besondere Innovationsfähigkeit der Emschergenossenschaft. In verantwortlicher Position hatte er immer den Mut, auch bei den ganz großen Projekten innezuhalten, sie zu überprüfen und zu hinterfragen, ob es mittlerweile nicht bereits bessere technische Lösungen gibt“, sagt Dr. Frank Dudda, Vorsitzender des Genossenschaftsrates der Emschergenossenschaft.

Bodo Klimpel, Vorsitzender des Verbandsrates des Lippeverbandes, sagt: „Dr. Emanuel Grün hat in seiner fast 17-jährigen Amtszeit Großartiges an der Lippe und ihren Nebenläufen umgesetzt – und damit nicht nur Gutes für Flora und Fauna bewirkt, sondern letztlich auch für die Menschen in unserer Region. Zu nennen sind nicht nur die neue Lippe-Mündung in Wesel, sondern auch die vielen weiteren Renaturierungsmaßnahmen wie z. B. im Bereich des Hauses Vogelsang bei Datteln und Olfen sowie der Umbau des Lippe-Zuflusses Seseke.“

Der Nachfolger: Dr. Frank Obenaus
Die Nachfolge von Dr. Emanuel Grün hat zum 1. Dezember Dr. Frank Obenaus als neues Vorstandsmitglied des Bereiches Wassermanagement und Technik angetreten. Frank Obenaus ist in verschiedenen Funktionen bereits seit über 22 Jahren für EGLV tätig. Als Leiter des größten Geschäftsbereichs, dem „Betrieb“, war er zuletzt seit 2015 für acht Abteilungen mit jeweils 30 bis 150 Beschäftigten sowie mehr als 1.000 Betriebsanlagen inklusive einer Klärschlammverbrennungsanlage und der Solarthermischen Klärschlammtrocknung verantwortlich.

Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit ist Dr. Obenaus, der an der Universität Hannover promovierte, ehrenamtlich unter anderem seit 2012 im Hauptausschuss „Kommunale Abwasserreinigung“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) aktiv, seit 2021 als Vorsitzender des Gremiums und Mitglied des DWA-Vorstandes. Seit 2014 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Leibniz Universität Hannover im Rahmen des englischsprachigen Programms „M.Sc. Water Ressources and Environmental Management“ und seit 2017 Lehrbeauftragter an der Universität Duisburg-Essen im Rahmen des Master-Kurses „Siedlungswasserwirtschaft 3 – kommunale Abwasserreinigung“.

Emschergenossenschaft und Lippeverband
Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) sind öffentlich-rechtliche Wasserwirtschaftsunternehmen, die als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip leben. Die Aufgaben der 1899 gegründeten Emschergenossenschaft sind unter anderem die Unterhaltung der Emscher, die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie der Hochwasserschutz. Der 1926 gegründete Lippeverband bewirtschaftet das Flusseinzugsgebiet der Lippe im nördlichen Ruhrgebiet und baute unter anderem den Lippe-Zufluss Seseke naturnah um. Gemeinsam haben Emschergenossenschaft und Lippeverband rund 1.700 Beschäftigte und sind Deutschlands größter Abwasserentsorger und Betreiber von Kläranlagen (rund 782 Kilometer Wasserläufe, rund 1533 Kilometer Abwasserkanäle, 546 Pumpwerke und 69 Kläranlagen). www.eglv.de